Wenn man den amerikanischen Kontinent im Osten anheben würde, sagen die Amis, würden alle Verrückten nach Westen rollen - und dort ankommen, wo es nicht mehr weiter geht, am Strand von Kalifornien. Wie wahr der Satz ist, kann man jeden Tag an der Promenade von Venice erleben. Hier findet man alle, die ihr eigenes Leben nicht in den Griff bekommen, aber die Welt retten wollen, Künstler, Heiler, Kartenleser - das letzte Aufgebot der Friedensbewegung.  Dr. John Michel, “Parapsychologist, Holistic Healer”,  schwenkt eine amerikanische Fahne, auf seinem T-Shirt steht “Impeach That Son Of A Bush”, für ein paar Dollar erklärt er jedem sein Programm “Food Not Bombs” und wie er sich die Amtsenthebung von Bush vorstellt. Jeden Samstag und Sonntag lädt er an der Ecke Ocean Front/Dudley Avenue zu einem “Prayer for Peace!” ein.
Etwas weiter südlich hockt Richard im Schneidersitz auf dem Boardwalk, mit der rechten Hand macht er das V-Zeichen, mit der linken hält er ein Pappschild: “Help A Stoner”.
Das macht er jeden Freitag, Samstag und Sonntag. “It’s fun”, sagt, und es kommen genug Touristen vorbei, die einen Dollar oder mehr übrig haben. Auch Richard will seine Aktion als Protest gegen den Kapitalismus und den Krieg verstanden wissen. Gleich neben ihm hat Jay seinen Stand aufgebaut. Er verkauft Bumper Sticker. “Go Vegetarian! Go Vegan! Live Simply! Free Tibet! Love Animals Don’t Eat Them!”.  Würden die Menschen alle seine Vorschläge befolgen, wäre die Welt ein Paradies. “Emancipate yourself from mental slavery”.  Rick hat es schon geschafft. Er liegt auf dem Boardwalk und lacht die Passanten an. “I will work 4 marijuana” hat er auf sein Pappschild geschrieben. Gibt man ihm zwei Dollar, dreht er es um. Auf der Rückseite steht: “Have a nice day”.
Wir wohnen im “Cadillac”,  hier haben schon Allen Ginsburg und die Stones gewohnt. Vom Zimmer hat man einen grandiosen Blick über den Zirkus auf der Promenade, den Strand und das Meer, die Spaßvögel und die Bruchpiloten.  So war es in Venice schon vor 2o Jahren und in 2o Jahren wird es noch immer so sein.  “None But Ourselves Can Free Our Minds”, sagt Jay. Den Satz gibt es auch als Sticker, für drei Dollar.