Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

05.06.2008 16:58 +Feedback
Nicht nur Gottes Mühlen mahlen langsam, die beim WDR auch. Dafür umso gründlicher. Jetzt hat mir die Intendantin des Senders, Monika Piel, einen zweiten Brief geschrieben, in dem sie die Einladung der in 79 429 Malzberg-Marzell weltberühmten “Publizistin” und “Tochter”, Frau EHG, in eine Sendung des WDR rechtfertigt. Handelte es sich bei dem ersten Schreiben noch um einen Formbrief nach dem Baukastenprinzip, so ist der zweite wesentlich individueller verfaßt. Am besten gefällt mir der Satz: “Die Sendung zeichnet sich dadurch aus, dass alle mit ihren Äußerungen ernst genommen werden. Dies gilt auch für Hausfrauen.” Ja, das mußte mal mit dieser brutalen Klarheit gesagt werden. Was aber ist mit den Hausmännern? Werden wir wieder diskriminiert? Darüber wird uns die Intendantin des WDR sicher in ihrem nächsten Brief aufklären.
Hier zur Erinnerung die Causa “Tochter”:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/neues_vom/
Und hier der zweite Brief der Intendantin:
Sehr geehrter Herr Broder,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 5. Mai 2008, in dem Sie die Einladung von Frau Hecht-Galinski in die Sendung „Hallo Ü-Wagen“ kritisieren. Ich habe die Redaktion darum gebeten, ihre Sicht der Dinge darzulegen und dabei auch die Einladung an Frau Hecht-Galinski zu begründen. Danach stellt sich die Sache wie folgt dar:
Wie immer hat die Redaktion bei der Planung der Sendung darauf geachtet, Gäste mit inhaltlich konträren Positionen einzuladen, um einen echten Meinungsaustausch und eine intensive Diskussion in Gang zu bringen. Mit diesem Ansatz wurden Professor Udo Steinbach, der frühere deutsche Botschafter in Israel, Rudolf Dressler, Herr Fritz Ressle von der deutsch-israelischen Gesellschaft Hilden sowie Frau Hecht-Galinski, die sich in anderen Medien verschiedentlich zum Thema der Sendung geäußert hat, eingeladen. Mit dabei war auch der WDR-Redakteur Lorenz Beckhardt. Insgesamt also eine interessante Runde. Ziel war es, in dieser Sendung unter dem Titel „Ganz schön kompliziert: Reden über Israel“ mehr Klarheit darüber zu gewinnen, ob man als Deutscher israelische Politik kritisieren kann oder ob es sich verbietet, ob man es sogar sollte und wenn ja, wie das geschehen kann. In der Nachbesprechung der Sendung kam die Redaktion zum Ergebnis, dass sich – auch dank der Äußerungen von Frau Hecht-Galinski – eine spannende Sendung mit lebhaften Debatten innerhalb eines insgesamt ausgewogenen Meinungsspektrums entwickelt hat.
Frau Hecht-Galinski wurde von der Redaktion als Publizistin vorgestellt, da sie Vorträge zu dem Thema hält und sich mehrfach als Interviewpartnerin öffentlich in seriösen Medien geäußert hat. In der Tat war für die Redaktion die Tatsache, dass Frau Hecht-Galinski die Tochter von Heinz Galinski ist, ein interessanter Teilaspekt, da Heinz Galinski als erster Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland ein Beispiel dafür gegeben hat, dass Juden auch nach dem Holocaust das Gespräch mit nicht-jüdischen Deutschen zu führen bereit sind. Ob Frau Hecht-Galinski Hausfrau ist, wissen wir nicht.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle noch eine grundsätzliche Bemerkung zu unserer Sendung „Hallo Ü-Wagen“. Sie ist eine seit 34 Jahren erfolgreich laufende Hörfunksendung, die vor allem dadurch charakterisiert ist, dass das Publikum zum Mitdiskutieren eingeladen wird. Die Sendung zeichnet sich dadurch aus, dass alle mit ihren Äußerungen ernst genommen werden. Dies gilt auch für Hausfrauen.
Lieber Herr Broder, ich freue mich immer über Reaktionen auf unsere Sendungen, selbstverständlich auch über kritische Rückmeldungen. Im vorliegenden Falle kann ich den redaktionellen Ansatz der Sendung allerdings gut verstehen. Über die Definition des Begriffs Publizist kann man sicher streiten. Ich hoffe aber, dass Sie weiterhin ein kritischer und doch dem WDR stets zugewandter Begleiter bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Piel
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