Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

14.04.2009   23:34   +Feedback

Der tagesschau ihr Fachmann

Kennen Sie Andrew Mwangura? Haben Sie schon mal was über den Mann gehört, “der die Piraterie vor Somalias Küste seit Jahren verfolgt”, und das so effektiv, dass immer öfter, immer mehr und immer größere Schiffe gekapert werden? Sie haben noch nie was über den Chef des East African Seafarers’ Assistance Program in Mombasa/Kenya gehört? Das ist bedauerlich, denn es handelt sich um einen Experten für Schiffsentführungen, Lösegelder und diskrete Verhandlungen. Vor ein paar Tagen wure er sogar von der tagesschau mit einem Statement zitiert, in dem der Piratenjäger vor den Konsequenzen des Kampfes gegen die Piraterie warnte:

“Andrew Mwangura, der die Piraterie vor Somalias Küste seit Jahren verfolgt, befürchtet, dass gewaltsame Befreiungen wie die von Phillips die Situation auf lange Sicht erschweren werden. ‘Damit wird man die Piraten gewalttätiger machen. In der Vergangenheit ist den Geiseln nie etwas geschehen. Die Piraten haben ihre Geiseln genommen und gesagt: Wir tun ihnen nichts, sobald wir das Lösegeld bekommen, lassen wir sie frei. Aber jetzt wird es häufiger passieren, dass sie die Geiseln umbringen, einfach um ihr eigenes Leben zu retten’, befürchtet Mwangura.” http://www.tagesschau.de/piraten288.html

Für einen, der seit Jahren Piraten verfolgt, ist das eine seltsame Haltung. Natürlich werden die Bösen noch böser, wenn sie bei ihrem Tun gestört werden. Die Folgerung daraus wäre: sie gewähren zu lassen, egal ob es sich um Gangs handelt, die “Schutzgebühren” von Kneipenwirten erpressen oder um Piraten, die Schiffe entführen. Diese Einstellung ist in der Tat weit verbreitet, z.B. gegenüber Terroristen, die man nicht leichtfertig zu weiteren Taten provozieren sollte, indem man ihnen nachstellt. So was heisst dann “Eskalation der Gewalt”.

Im Falle von Andrew Mwangura, dem Chef des East African Seafarers’ Assistance Program in Mombasa/Kenya, kommt noch hinzu, dass es kaum eine Schiffsentführung gibt, bei der er nicht tätig würde, natürlich immer zum Wohle der Entführten und um den Reedern zu helfen, ihre Schiffe zurück zu bekommen. Hier eine Auflistung seiner Aktivitäten: http://search.bloomberg.com/search?q=Andrew+Mwangura&site=wnews&client=wnews&proxystylesheet=wnews&output=xml_no_dtd&ie=UTF-8&oe=UTF-8&filter=p&getfields=wnnis&sort=date:D:S:d1

Eindrucksvoll, nicht wahr? Dabei hat der Mann kein Büro, nur ein paar freie Mitarbeiter, die ihm zur Hand gehen, und ein Handy, dessen Nummer sich rumgesprochen hat.
Und er lebt von seinen Einnahmen als “freelance writer”, freier Autor. Vermutlich schreibt er Piratengeschichten in seiner Freizeit zwischen zwei Schiffsentführungen. Und immer wieder klingelt sein Telefon, denn: “Pirates stolen your supertanker off Africa? Here’s the man to speak to”. http://thescotsman.scotsman.com/latestnews/Pirates-stolen—your-supertanker.3881777.jp
All das muss man bei der tagesschau nicht wissen. Hauptsache, man hat einen Fachmann, dem man blind vertrauen kann.

Siehe auch:
Seeräuber-Anwälte verklagen Bundesregierung
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,618999,00.html
http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1328297.html

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