Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

01.06.2011   21:33   +Feedback

Krähen im akademischen Dienst

Geht es um deutsche Akademiker, dann muss man auf ­alles gefasst sein. Als angehende Wissenschaftler leisten sie jahrelang Frondienste für ihre Professoren; sind sie endlich selber welche, zahlen sie es der Gesellschaft heim.

Der Direktor des Berliner Zen­trums für Antisemitismusforschung, Prof. Dr. Wolfgang Benz, hat vor kurzem einer Website ein Interview gegeben, die sich mit antisemi­tischen und islamistischen Beiträgen einen ­Namen erarbeitet hat. Kaum anzunehmen, dass der führende Antisemitismusforscher der Bundesrepublik nicht gewusst hat, mit wem er sich einlässt. Aber auch diese Leistung kann noch getoppt werden. Aus Anlass des 22. Todestages von Ajatollah Chomeini findet am 3. Juni in der Berliner Botschaft der Islamischen Republik Iran eine Konferenz statt, auf der «Islamforscher und Politikwissenschaftler» über das Thema «Auswirkungen des geistigen Erbes von Imam Chomeini auf regionale Entwicklungen» referieren sollen.

In der Einladung zu dem Event wird das ­Ergebnis der Konferenz vorweggenommen. «Damals gelang es Imam Chomeini, dem populären Führer der islamischen Revolution, durch seine weise Führung nicht nur das iranische Volk von der Fremdherrschaft und dem Diktator im Iran zu befreien, sondern er führte auch die Demokratie, die vom Islam gelehrt wird, als besten Weg zur Führung der Gesellschaft ein, damit sie für viele Völker der Region und der Welt zum Vorbild würde.»

Das ist so unfreiwillig komisch wie eine Erklärung der Camorra, sie habe in Neapel die Müllabfuhr aus den Händen der Mafia befreit. Aber wie ernst es gemeint ist, beweist die Wahl des ersten Fest­redners: Prof.?Dr.?Udo Steinbach, ehemaliger Direktor des Deutschen Orient-Instituts. Steinbach galt lange als einer der führenden Islamexperten in der Bundesrepublik, inzwischen ist er ein oft nachgefragter Gesprächspartner des deutschen Programms des staatlichen iranischen Rundfunks. Am liebsten lässt er sich darüber aus, wie ungerecht der Iran vom Westen behandelt wird. Was derzeit im Iran passiert, lässt ihn kalt. Und keine akademische Institution nimmt an solchem Treiben Anstoss. Eher hackt eine Krähe der anderen ein Auge aus.

Die Weltwoche 22/11

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