Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

16.11.2006   12:45   +Feedback

Die taz stürmt sich frei

Wolf Biermanns 7o. Geburtstag wurde auch von der taz-Nord gebührend gefeiert - mit einem Text, der wenig mit Biermann, dafür umso mehr mit allen Ressentiments des Autors zu tun hatte, der zu den vielen Würstchen des Kulturbetriebs gehört, denen die Vorsehung es nicht gegönnt hatte, eine richtige Salami zu werden:

http://www.taz.de/pt/2006/11/15/a0302.1/textdruck

Unser Freund und Kollege Paul Nellen schickte daraufhin der taz den folgenden Brief:

Verehrte taz-Nord-Kollegen,

den Geburtstagsartikel von Benno Schirrmeister zu Wolf
Biermanns Siebzigsten habe ich so ähnlich schon mal
irgendwo gelesen - helft mir, war es der “Völkische
Borbachter” oder der “Stürmer”? Ich glaube wohl
letztgenannter - der hatte auch immer eine besondere
Freude daran, körperliche Eigenheiten der von ihm
attakierten in den Mittelpunkt seiner Hetze zu stellen
und von dort aus mit der Güllespritze den Rest der
Würdigung zu erledigen.

Das Schirrmeister-Elaborat “Die Ehre der Spucke” (
http://www.taz.de/pt/2006/11/15/a0302.1/textdruck )
stellt die Texte und die angeblich “feuchte”
Vortragskunst Biermanns in den Mittelpunkt seines
Beitrags - eines widerwärtigen,
gewollt-wichtigtuerischen (wahrscheinlich nur “ganz
witzig” gemeinten) Vergleichs von Biermanns Werk und
Wirken mit “künstlicher Spucke”.

Seid Ihr eigentlich noch ganz richtig im Kopf, den
Lesern mit so einer gequirlten Jauche das Frühstück zu
verderben?

Der gespielt-coole Gestus des Autors (“Als
Allheilmittel fungiert die Synthetik-Rotze nicht,
vielmehr sind ihrem Einsatz sogar deutliche Grenzen
gesetzt….”) ist dabei an Niedertracht nicht mehr zu
überbieten. Er verhilft dem unterschwellig
transportierten Ekel an Biermanns Vortragsweise zu
einer Scheindistanz, die es auch taz-Lesern noch
erlauben soll, den Abscheu über Biermann als
intellektuellen “Genuß” zu erleben. Schreibt
Schirrmeister, diese stinkende Klobürste des linken
Reaktionärs, in der taz eigentlich als Leihautor des
Neonazi-“Störtebeker-Netzes” oder der NPD-Postille
Deutsche Stimme?

Für eine solche taz und ein derart verkommenes
Elaborat kann man sich ja nur schämen!

Ich bin langjähriger taz-Genosse und Abonnent - bzw.
ich war es definitiv, wenn die Redaktion sich für
diese stinkbraune Soße von Schirrmeister nicht
entschuldigt - bei den Lesern und bei Wolf Biermann!
Und bitte an prominenter Stelle in der taz!

Eine Woche habt Ihr Zeit dazu, danach kündige ich mein
Abo und meine Einlage, ehe die taz noch gänzlich zur
Kotztüte verkommt.

Angewidert und fassungslos:

Paul Nellen
Hörfunkautor

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