Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

25.05.2013   23:09   +Feedback

Mal rot, mal grün, aber immer mittendrin

Erinnern Sie sich? Nachdem das Ausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin wie das Hornberger Schießen ausging, verließ Sergej Lagodinski, Gründer des “Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokraten” in der SPD, vor etwas mehr als zwei Jahren türenkrachend die Partei. “Ich kann es in einer Partei mit einem Sarrazin aushalten, aber ich kann es nicht in einer Partei aushalten, die sich aus Angst vor dem Stammtisch einem Sarrazin nicht stellen will. Oder noch schlimmer: die nicht mal weiß, ob sie das will.” Der Umgang mit Thilo Sarrazin sei bezeichnend “für die allgemeine Orientierungslosigkeit der Partei im Umgang mit Vielfalt als brennendem Thema unserer Gegenwart.” Das könne er, Sergej Lagodinski, mit seinem Gewissen nicht vereinbaren.

Doch kaum hatte er der alten Schlampe SPD Adieu gesagt, wandte er sich einer vergleichsweise jungen Liebe zu. Sergej trat den Grünen bei. Denn ein Leben ohne irgendeine Organisation im Rücken, die ihm Heimat und Schutz bietet, ist nicht lebenswert. Es war nicht zu seinem Nachteil. Hatte er bei der SPD noch versucht, sich von unten hochzuarbeiten, so machte er es sich bei den Grünen gleich in der Beletage gemütlich. Er wurde head of the EU/North America Department of the Heinrich Böll Foundation in Berlin. Was aus zweierlei Gründen bemerkenswert ist. Erstens erfahren wir, dass die Heinrich Böll Stiftung eine “EU/Nordamerika-Abteilung” unterhält, um so rückständigen Sozietäten wie den USA und Kanada ökologisch und zivilgesellschaftlich auf die Sprünge zu helfen, zweitens lernen wir, dass bei den Grünen jede Schwatzbacke eine Chance bekommt, aus der nicht einmal was in der SPD werden konnte.

Aber das ist jetzt alles Geschichte. Worauf es jetzt ankommt, ist etwas anderes. Wird Sergej Lagodinski die Grünen ebenso unter Protest verlassen, wie er es mit der SPD gemacht hat, weil die Grünen unter einem fadenscheinigen Vorwand (“Ermöglichung von informierten Kaufentscheidungen”) israelische Produkte, die in der Westbank angebaut wurden, gesondert “kennzeichnen” möchten? So eine kleine Analogie zu einer einst sehr erfolg- und folgenreiche Kampagne  müsste dem sensiblen Sergej doch sauer aufstoßen. Und wenn alle Stricke reißen: Bei den Piraten wäre sicher noch ein Plätzchen frei.

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