Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

07.01.2007   16:18   +Feedback

Gil Yaron: Elf Tausend Euro fuer eine Maschinenpistole

Spätestens seit dem Wochenende ist der Bürgerkrieg der Palästinenser in vollem Gang. Dabei werden zunehmend gerade populäre und unbewaffnete Aktivisten beider Parteien zu Opfern gegenseitiger Anschläge. In einer offenen Herausforderung an die islamistische Hamas erklärte Präsident Machmud Abbas eine von der Hamas geschaffene Polizeieinheit für illegal und forderte deren sofortige Auflösung. Khaled Abu Hilal, Sprecher des von der Hamas geführten Innenministeriums, dem die als “Exekutivkraft” bezeichnete Kampftruppe untersteht, reagierte auf Abbas Aufruf mit der Ankündigung, die Einheit von 5000 auf 12000 Mann aufstocken zu wollen. Dabei sagte er, Abbas hätte mit seiner Aussage die Kämpfer der Hamas für vogelfrei erklärt und warnte: “Jeder Versuch, dieser Truppe zu schaden, wird entschlossen und kraftvoll konfrontiert werden.”
            “Die Situation ist sehr ernst. Abbas hat die Lage nur eskaliert”, sagte der Hamassprecher in Gaza Fausi Barhum und beschuldigte Abbas, Handlanger der Israelis und Amerikaner geworden zu sein. Die bewaffneten Arme beider Seiten bereiten sich intensiv auf einen Kampf vor. So erhielt die Präsidentengarde mit der Zustimmung Israels in der Vorwoche Tausende AK-47 Gewehre aus Ägypten. US-Präsident George W. Bush soll Abbas 66 Millionen € Militärhilfe zugesagt haben, um die angeschlagenen Sicherheitsdienste des pragmatischen Präsidenten auf Vordermann zu bringen. Unterdessen beschweren sich Kämpfer der Fatah im Westjordanland, dass vom Iran finanzierte Einkäufer der Kassambrigaden der Hamas den Waffenmarkt leer geräumt hätten. Der Stückpreis für Maschinenpistolen habe sich fast verdoppelt und liegt heute bei rund 11.000 €:“Die kaufen alles auf”, so ein Fatahkämpfer.
            Im Gazastreifen ist die Hamas militärisch überlegen. Hier kann sie fast uneingeschränkt agieren, wie letzte Woche, als sie das Haus eines hochrangigen Fatahoffiziers minutenlang mit Panzerfäusten angriff, und später ihn samt sieben seiner Leibwächter tötete. Die letzten Worte des Colonel Muhammad Gharib wurden in einem Telefoninterview an das Fernsehen übertragen, das durch seinen Tod abrupt beendet wurde. Den Vorteil der Hamas versucht die Fatah auszugleichen, indem sie im Westjordanland, in dem sie stärker ist, Vergeltung nimmt. In Jenin drohte Abu Gharadsch, lokaler Kommandant der Al-Aksa Brigaden der Fatah, künftig jede Veranstaltung der Islamisten in der Stadt gewaltsam zu beenden:“Ich betrachte sie fortan als illegale Organisation”, sagte er. In El-Bireh, einem wohlhabenden Vorort Ramallahs, wurde der Generaldirektor des Innenministeriums von Fatahanhängern entführt und später mit zerschossenen Kniescheiben aufgefunden. Vorher hatten bewaffnete Hamasanhänger im überwiegend weltlichen Ramallah Silvesterfeiern in mehreren Restaurants gewaltsam aufgelöst, mit der Begründung, sie seien wider den Islam. In anderen Städten wurden in den letzten Tagen zig Aktivisten entführt, mindestens 10 Menschen kamen bei Schusswechseln ums Leben. Auch im Gazastreifen ist die Fatah zur Offensive übergegangen. Der Außenminister Machmud A-Sahar übernachtet nicht mehr in seinem Haus, da es fast täglich mit Granaten beschossen wird.
            Vertreter der Organisationen sprechen nicht mehr von Dialog oder Einigung. Die Idee, gemeinsam einen Rechtsstaat errichten zu wollen, scheint vergessen. “Natürlich werden wir für die Angriffe Rache nehmen”, erklärt Barhum die zu erwartende Reaktion der Hamas auf die Vorfälle der letzten Tage. Der Politiker verlässt ohne Leibwächter nicht mehr sein Haus. Seitdem drei Kinder eines Fatahanhängers auf dem Weg zur Schule erschossen wurden, wird auch seine Familie, wie die aller Hamasfunktionäre, rund um die Uhr bewacht.

Siehe auch:
Imagine the headlines
http://backspin.typepad.com/backspin/2007/01/imagine_the_hea.html

 

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