Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

20.04.2007   10:46   +Feedback

Der Friedhof der Kuscheltiere

Das beste, was man über Filbinger sagen könnte, wäre: Er war kein Antisemit. Zumindest gibt es dafür keine Belege. Dennoch hat sich der Zentralrat der Juden der Causa Öttinger angenommen, zuerst den Rücktritt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten gefodert und dann, nach einem klärenden Gespräch, die Sache ad acta gelegt. Man könnte auch sagen: Der Zentralrat hat Öttinger für koscher erklärt. Das liest sich so:

Deutschland: Zentralrat der Juden akzeptiert Distanzierung Oettingers - Rücktrittsforderung “gegenstandslos geworden”
Frankfurt am Main (APA/dpa) - Der Ministerpräsident des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg, Günther Oettinger (CDU), hat in einem Gespräch mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland seine Distanzierung von Passagen seiner umstrittenen Trauerrede für seinen verstorbenen Vorgänger Hans Filbinger bekräftigt.
Die Zentralratsvorsitzende Charlotte Knobloch sagte nach einem Treffen am Donnerstag in Frankfurt, der Zentralrat habe diese Erklärung akzeptiert. Die Rücktrittsforderung der jüdischen Organisation gegen Oettinger sei “gegenstandslos geworden”.
Beide Seiten seien sich einig, dass die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Diktatur weitergehen und ein fester Bestandteil der politischen Kultur in Deutschland bleiben müsse. Oettinger betonte, er habe sich unverändert von den Redepassagen distanziert. “Das wird auch in den nächsten Jahren so bleiben.”
Knobloch hatte Oettinger scharf kritisiert, weil er den 1945 mit Todesurteilen gegen Deserteure befassten Filbinger als “Gegner des NS-Regimes” bezeichnet hatte. Der einstige Marinerichter und spätere Ministerpräsident von Baden-Württemberg war Anfang April im Alter von 93 Jahren gestorben und in der vorigen Woche beigesetzt worden.
Der Zentralrat hatte in der Affäre zunächst Oettingers Rücktritt gefordert. Oettinger nahm seine Einstufung Filbingers später nach massivem Druck aus der eigenen Partei zurück und entschuldigte sich.

   1. IKG - Oettinger trifft Spitze des Zentralrats der Juden in Deutschland
   2. Reuters Deutschland - Zentralrat der Juden legt Streit mit Oettinger bei
   3. AFP - Zentralrat akzeptiert Distanzierung Oettingers von Rede
   4. ddp - Streit beigelegt
   5. AP - Oettinger rückt weiter von umstrittener Filbinger-Rede ab
   6. Der Tagesspiegel - Oettinger und Zentralrat auf Kuschelkurs
   7. Focus Online - Filbinger-Affäre - Oettinger stimmt Zentralrat milde
   8. FAZ.NET - Filbinger-Trauerrede: Zentralrat reicht Oettinger die Hand
   9. Finanztreff.de - FTD: Zentralrat der Juden verzeiht Oettinger
  10.HZ On Net - Von Rücktritt keine Rede mehr
  11. Kölner Stadt-Anzeiger - Streit mit Oettinger beigelegt
  12. junge Welt - Knobloch mit Oettinger zufrieden
  13. mdr.de - Oettinger traf Zentralrat der Juden

Bei allem Verständnis für die Bedeutung, die dem Zentralrat zukommt, weil er gerade mal 1oo.ooo jüdische Mitbürger repräsentiert, liegt hier nicht doch ein Fall von leichter Selbstüberschätzung vor? Was hätte der Zentralrat gemacht, wenn Öttinger nicht zurückgerudert wäre? Ihn des Amtes enthoben? Ist ein Mann, der seine Sinne nicht beisammen hat und aus einem NS-Kriegsrichter einen Gegner des Systems macht, ein Problem, mit dem der Zentralrat der Juden sich beschäftigen muss? Und bei wem hat sich Öttinger eigentlich entschuldigt? Bei Charlotte Knobloch? Wär eine Entschuldigung bei der Schwester des unter Mitwirkung von Filbinger vom Leben zum Tode beförderten Matrosen Gröger nicht angemessener gewesen? Oder bei den Opfern der NS-Kriegsgerichtsbarkeit, die über 2o.ooo Deserteure und Wehrkraftzersetzer in den Tod geschickt hat?
Braucht Öttinger jetzt alles nicht mehr zu tun. Der Zentralrat hat ihn für koscher erklärt.

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