Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

01.08.2007   19:24   +Feedback

Rätselhaftes Island 3

Fünfzehn Demonstranten sind für isländische Verhältnisse schon eine Menge. (Auf Deutschland umgerechnet wären das 3.6oo Leute.) Sie stehen vor der Mauer des Polizeigefängnisses in der Skolavördustigur und demonstrieren gegen Unrecht und Willkür in Island. Drinnen im Knast, der eigentlich Männern vorbehalten ist, sitzt seit sieben Tagen Miriam, eine Umweltaktivistin aus England. Sie ist nach Island gekommen, um gegen die Zerstörung der Natur durch Konzerne zu demonstrieren, hat sich Zugang zum ALCOA-Gelände (Aluminium Corporation of America) verschafft und sich an einen Mast angekettet. Allein dafür wäre sie nicht ins Gefängnis gekommen, aber sie hatte die Nummer schon mal vor zwei Jahren gemacht und eine Strafe zur Bewährung bekommen. Die muss sie jetzt absitzen. Das, finden ihre Freunde, sei ein Skandal und ein Beweis dafür, dass island kein Rechtsstaat sondern eine Diktatur ist, in der die Menschen für ihre politischen Überzeugungen verfolgt werden. Morgen soll Miriam entlassen werden, also bleibt für eine Demo nicht mehr viel Zeit. Ein junger Mann versucht, auf die Gefängnismauer zu klettern, schafft es nicht und gibt auf.  Weit und breit ist kein Polizist zu sehen, was die Demonstranten aber nicht davon abhält, “nieder mit der Polizei!” zu rufen. Eigentlich sollte eine Punk-Band spielen, aber die Jungs sind nicht gekommen, “aus Angst vor der Polizei”, sagt Ansgar, der eine Jute-Tasche über der Schulter trägt, auf die er die Kampfparole geschrieben hat: “Save Iceland, India and Trinidad from heavy industry!”

 

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