Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

20.08.2007   21:26   +Feedback

Immer auf die Nachbarn!

In fast allen Schilderungen der sog. “Reichskristallnacht” kommt immer wieder dasselbe Muster vor: Man habe friedlich mit den Juden zusammen gelebt, bis eines Tages irgendwelche Leute, die man vorher nie gesehen habe, aus dem Nachbarort einfielen und die Synagoge abfackelten. - Selbst wenn das so gewesen wäre, so müßte man wenigstens fragen, warum die Ortsansässigen sich den Ortsfremden nicht in den Weg gestellt haben. Damals, 1938, fünf Jahren nachdem die Nazis vom Himmel gefallen waren. Man könnte die Frage auch anders stellen: Warum haben sich die tapferen Einwohner von Mügeln in Sachsen nicht schützend vor die indischen Mitbürger gestellt, als diese von einer Meute, die aus dem Nachbarort gekommen war, angegriffen und durch die Stadt gejagt wurden? Warum schauten sie, Bier bei Fuss, zu, wie ein kleines Pogrom vor ihren Augen stattfand? Warum reißt der Bürgermeister, Gotthard Deuse, jetzt die Klappe auf, nachdem er am Tattag und Tatort nix unternommen hat?

“Der Bürgermeister der Stadt, Gotthard Deuse (FDP), widersprach einem rechten Hintergrund. «Bei uns gibt es keinen rechtsextreme Szene», sagte er. Wenn der Angriff einen fremdenfeindlichen Hintergrund habe, müssten die Täter aus Nachbarorten kommen. Die Polizei hatte erst mehr als 20 Stunden nach dem Vorfall offiziell über die Ereignisse berichtet.” http://www.netzeitung.de/deutschland/716671.html und http://www.welt.de/politik/article1118701/.html

Und der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt beweist ein für sächsische Verhältnisse überdurchschnittlches analytisches Vermögen, wenn er einerseits versichert, solche Gewaltexzesse seien “nicht hinnehmbar”, andererseits aber abwiegelt,  noch sei “nicht geklärt, ob es fremdenfeindliche Motive gab”. Es könnte ja sein, dass die Schläger nur allergisch gegen Mango-Chutney waren.
http://www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextremismus/Rechtsextremismus-Rechtsextremismus;art2647,2362094

Was lernen wir daraus? Wenn eine tote deutsche Geisel in Afghanistan mit einem Loch im Kopf oder Bauch gefunden wird, sagt der Innenminister, der Mann sei nicht ermordet worden, sondern an den Strapazen der Geiselhaft gestorben. Und wenn ein Schlägerbande eine Gruppe von Ausländern verhaut, dann müssen nicht unbedingt fremdenfeindliche Motive im Spiel gewesen sein, in jeder sozialen Gruppe gibt es Initiationsriten für Dazugekommene, und in Sachsen ist es eben die gebrochene Nase im Gesicht eines Bürgers mit Migrationshintergrund.

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