Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

19.08.2007   20:24   +Feedback

Das ist nicht mein Israel!

Ich verstehe gar nicht, was der Rupert gegen das bißchen “Spezialbehandlung” bei Reisen nach Israel hat. Ich finde es Klasse,  bei der Gepäckkontrolle an den wartenden Reisenden vorbeigewunken und in in die business class upgegradet zu werden. So gehört es sich. Economy reisen nur Grünhelme und ai-Mitarbeiter. Außerdem ist alles viel einfacher geworden, das Gepäck wird nicht mehr durchsucht, nur noch gescannt.  Was andererseits auch schade ist. Es war immer sehr lustig zu sehen, wie die Kontrolleure in anderer Leute Koffern wühlten und dabei auch kuriose Gegenstände zutage förderten, vorzugsweise Vibratoren und aufblasbare Gummipuppen. Vorbei sind auch die Zeiten, da man auf dem Frankfurter Flughafen nur den Leuten folgen musste, die mit vier Autoreifen im Gepäck unterwegs waren, wenn man zum EL-AL-Schalter wollte.
Die Israelis sind nicht mehr das, was sie noch vor ein paar Jahren waren. Sie drängeln nicht beim Einstieg, schnallen sich zum Start und zur Landung an, laufen in der Maschine nicht hin und her, packen ihre Einkäufe nicht aus und benehmen sich auch sonst recht ordentlich. Kishon würde verzweifeln und Mühe haben, sich Geschichten auszudenken. Auch die Einreise ist extrem einfach. Sind die Leute früher vom Shuttle-Bus zur Passkontrolle gerannt, um einen der vorderen Plätze in der Warteschlange zu erwischen, weil nur eine Handvoll Beamte Dienst tat, die jeden Pass von der ersten bis zur letzten Seite inspizierten, sind jetzt zwei Dutzend im Einsatz. Und was ist mit den kleinen weißen Zetteln, die man früher ausfüllen und dabei sogar den Vornamen des Vaters angeben mußte? “Die sind uns ausgegangen”, sagt die junge Frau hinter dem Pult, “es geht auch ohne”.
Die Sensation aber ist die Anzeige über dem Gepäckband. Unter der Flugnummer steht: “Das Gepäck wird um 16.27 Uhr erwartet.” Die verarschen mich”, denke ich, “das klingt ja wie: nach dem Krieg um Sechs im Kelch”. Punkt 16.26 läuft das Band an, eine Minute später rollen die ersten Koffer vor. Nein, das ist nicht mehr mein Israel.
Vom Aufsetzen der Maschine bis zum Verlassen des Sicherheitsbereichs vergehen 45 Minuten. In Tegel dauert es länger. Jetzt nur noch den Wagen abgeholt und dann ab an den Strand, Mädels gucken. Bei AVIS werde ich schon erwartet. Pass, Führerschein, Kreditkarte - wie immer.
Bevor ich den Mietvertrag unterschreibe, frage ich nach dem Preis. “Achthundert und drei Dollar”, sagt die AVIS-Frau. “Ich will einen Wagen mieten, nicht kaufen”, sage ich, “für diesen Preis bekomme ich in Riad eine Stretch-Limo mit Fahrer und einem Dutzend Jungfrauen”. - “Ich mache nicht den Preis”, sagt die AVIS-Frau, “das macht der Computer”. - “Was für ein Auto ist es denn”, will ich wissen, “ein Cadillac?” - “Nein, ein Chevrolet Impala, genau der, den sie bestellt haben.” - “Ich habe einen Toyota Yaris oder einen Hyundai Atos bestellt.” - “Der Computer sagt, sie haben einen Chevrolet Impala bestellt.”  http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:ClassicCar6.JPG
Jetzt bin ich doch in Israel angekommen. Die Besserwisserei, die Rechthaberei und ein Unterton, der wie die Frage nach dem letzten Wunsch klingt. Ich sammle meinen Paß, meine Kreditkarte und meinen Führerschein ein und nehme ein Taxi nach Jaffo. Während der Fahrt baut der Fahrer ein Radio ein und steuert dabei mit den Knien. “Kann ich dir helfen?”, frage ich. “Nein, ich schaffe es schon!”
Bruchim Haba’im.

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