Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

06.10.2007   15:44   +Feedback

“We can’t relax with Israel!”

= Zum Antizionismus und Antiisraelismus bekenne ich mich freimütig…, weil es dafür gute Gründe gibt. (Siehe dazu Pappe, Avneri und Zuckermann) Deshalb bin ich noch lange kein Antisemit… Ich schreibe seit Jahren an einem Buch mit dem Titel „Deutsche Juden - was wären wir ohne sie?“ War etwa der deutsche Jude Erich Fried mit seinem berühmten Gedicht „Höre, Israel!“ auch primär, sekundär oder nur tertiär Antisemit? =

Wir haben dieses schöne Zitat vor einer Woche auf achgut online gestellt und unsere Leser aufgefordert, den Verfasser zu finden. Normalerweise ist so eine Aufgabe ein Kinderspiel. Diesmal nicht. Denn das Zitat findet man nicht bei Google, wo man sonst praktisch alles findet. Auch der Hinweis, der Autor trage einen Dr.-Titel in seinem Namen, hat unsere Leser zwar auf die richtige Spur aber nicht ans Ziel geführt. The usual suspects sind es nicht, weder Dr. Hajo noch Dr. Udo, auch nicht Dr. Rupert oder Dr. Georg. Nicht einmal Dr. Ludwig. Es ist, so viel sei verraten, ein Volksbildungsreferent aus dem Alpenvorland. Die Suche kann also weiter gehen. Geben Sie nicht auf, es lohnt sich. Als Preis winkt die Originalausgabe der “Protokolle der Weisen von Zion”.

Natürlich können Sie das Zitat auch genießen, ohne sich aus dem Fenster zu lehnen. Denn es ist eine großartige Offenbarung. Da geht einer hin und sagt: Jawoll, ich bin Antizionist und Antiisraelit (!), aber ich bin kein Antisemit, so wahr mir Avneri, Fried und Gott helfe! Soviel urwüchsige Dummheit verdient Bewunderung. Es ist, als würde ein Spanner sich mit dem Satz rechtfertigen: Ich hab nur was gegen Schlampen in kurzen Röcken, aber deswegen bin ich noch lange kein Frauenhasser, im Gegenteil, ich arbeite gerade an einem Buch unter dem Titel “Unsere Mütter - was wären wir ohne sie?”

Wer sich also “freimütig” zum Antizionismus bekennt, glaubt damit dem Vorwurf des Antisemitismus entkommen zu können. Warum wird aber einer ausgerechnet “Antizionist”? Weil ihn das Unrecht, das die Palästinenser erleiden müssen, nicht schlafen läßt? Schön. Es gibt viele Völker, die schreckliches Unrecht leiden, verglichen mit denen die Leiden der Palästinenser in die Kategorie “quantité négligable” gehören. Wieso gibt es so wenige bekennende “Antiputinisten” angesichts der sowjetischen Massaker an den Tschetschenen, die übrigens auch Moslems sind? Wieso erfahren wir von den Leiden der Menschen in Burma erst dann, wenn die regierende Junta protestierende Mönche zusammenschießen läßt? Sind Millionen von Toten im Kongo keine “Kongo-Solidarität” wert? Wann und wo gab es die letzte Demo gegen die Gewaltpolitik von Robert Mugabe? Ist schon mal eine Delegation der PDS oder der Ärzte gegen den Atomkrieg nach Nordkorea gereist, um die Zustände dort zu inspizieren? Ich weiss, diese Fragen sind schon oft gestellt werden. Die Antwort fällt immer gleich aus. Ohne “Zionisten” keine Empörung. Ohne Israel kein Aufruhr. Der bekennende Antizionist, der kein Antisemit sein will, betreibt einen Etikettenschwindel. Er braucht die Palästinenser nur, um sich an den Juden reiben zu können, sie sind ihm Mittel zum Zweck und darüber hinaus vollkommen wurscht. Sozusagen seine politische Wichsvorlage. Deswegen feiert er jedes Jahr den Jahrestag des Massakers von Sabra und Shatila, aber er hat keine Ahnung, wann das Massaker von Hama stattgefunden hat, denn damit hatten die Zionisten nix zu tun. http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Hama

Der bekennende Antizionist ist ein Psychopath, der sich ein historisches Alibi zurechtgezimmert hat. Er macht aus seinem Problem eine politische Mission. Er schreit “Freiheit für Palästina!”, meint aber: “Befreit mich von meinen Schuldgefühlen!” Dabei ist ihm jeder andere Psychopath als Verbündeter willkommen, auch ein Massenmörder, der Tausende iranische Kinder als Minensuchhunde mit einem Plastikschlüssel zum “Paradies” um den Hals im irakisch-iranischen Krieg in den Tod geschickt hat. Davon weiss der bekennende Antizionist nicht oder: er will es nicht wissen. Er stellt sich dumm und sagt: “Ahmadinejad hat bisher niemanden umgebracht.”
Was sicher stimmt. Hitler auch nicht. Man hat bis heute nicht einmal den Führerbefehl zur Endlösung der Judenfrage gefunden.

Der bekennende “Antizionist” ahnt natürlich, dass er in Wirklichkeit ein Antisemit ist, so wie ein Kannibale weiss, dass er nicht zum Vegetarier wird, wenn er ein paar Möhren mitkocht. Deswegen muss er sich immerzu der Hilfe jüdischer Zeugen versichern, denn die können - qua Geburt - keine Antisemiten sein. Das ist nicht nur dumm gedacht, es zeugt auch von völliger Unbildung. Nicht nur Lueger, Stöcker und Marr waren bekennende Antisemiten, Otto Weininger, Arthur Trebitsch und Karl Marx waren es auch. Und was Erich Fried angeht: Er war der Prototyp des jüdischen Selbsthassers. Seit er mitansehen mußte, wie sein Vater erschlagen wurde, wäre er gerne selber ein großer starker Arier geworden und nicht ein häßlicher kleiner Gnom mit Sprachfehler. Nachdem er Michael Kühnen im Knast besucht und mit ihm über dessen Oma geplaudert hatte,  war er von dem Neo-Nazi nicht nur schwer angetan, er stellte ihm auch eine günstige Prognose aus:  “Kühnen (ist) ein armer Hund, der jetzt wieder eingesperrt wird, und der überhaupt keine Chance hat, an die Macht zu kommen.”

Ohne seine Alibi-Juden wäre der bekennende Antizionist einfach nur eine arme Sau, die eine koschere Delikatesse werden möchte. Aber wie er die Sache dreht und wendet, er hat ein Problem. Ein Land am östlichen Rand des Mittelmeeres, so groß wie Hessen, das ihn nicht zur Ruhe kommen läßt.  Der bekennende Antizionist ist ein Zwangscharakter, der die Objekte seiner Begierde für seine Leiden schuldig macht. Er könnte mit seinem Leben zufrieden sein, er hat ein Dach über dem Kopf, einen PC in der Wohnküche, einen Golf in der Garage, eine Arbeit oder eine Rente, eine Modellbahn im Keller, genug zu essen und zu trinken, ab und zu auch was zu ficken, sein Glück wäre vollkommen, wenn es den “Zionismus” und die “Zionisten” nicht gäbe. Das ist alles.

Während die Linken palavern und sich selbst was vormachen, bringen es die Rechten fröhlich und ungeniert auf den Punkt. Früher mit “Juda verrecke!”, heute etwas anders, moderner. Bei einem Versand, der sich auf nationale Kundschaft spezialisiert hat, gibt es ein T-Shirt zu kaufen, das alles sagt, was man über den bekennenden Antizionisten wissen muss. Hier ist es: http://www.resistore.net/52.html

Der Laden hat seinen Sitz in Dortmund. Was für ein Zufall. Da muss ein Nest sein.

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