Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena
29.09.2007 15:23 +Feedback
Die Gereiztheit der „innerjüdischen” Debatte dürfte sich aber vor allem daraus erklären, dass der Staat Israel durch die Entwicklung des iranischen Atomprogramms, begleitet von den Eliminationsdrohungen nicht nur Präsident Ahmadinedschads, derzeit der einzige Staat auf der Welt ist, der von einem atomaren Holocaust bedroht ist. Der Hinweis darauf, dass Ahmadinedschads Drohungen nicht ernst gemeint seien, dass es bis zur möglichen Fertigstellung von iranischen Atombomben noch fünf Jahre dauern könnte und dass ein atomarer Angriff Irans auf Israel allen Kriterien politischer Vernunft widerspreche, verfängt innerhalb der jüdischen Gemeinschaft im Ganzen kaum. Auch Adolf Hitler raunte schon 1933 vom Untergang der Juden; zudem lassen sich der visionäre Ahmadinedschad und seine Anhängerschaft auf keinen Fall mit den nüchtern kalkulierenden Machtpolitikern Breschnew, Tschernomyrdin und schließlich Gorbatschow vergleichen; und schließlich hat der Holocaust schon alleine deshalb, weil er tatsächlich stattgefunden hat, bewiesen, dass derlei im Grundsatz immer wieder möglich ist…
Die politischen Ziele von Hamas, Hisbollah und gegenwärtiger iranischer Staatsführung sind derzeit auf eine Elimination nicht nur des jüdischen Staates, sondern auch der jüdischen Bevölkerung Israels ausgerichtet. Das mindestens wahrzunehmen fordert jede nüchterne politische Betrachtung, die mehr will, als lediglich wohlfeil und frei von allen Folgen universalistische Moral einzufordern. Indes: Einen zweiten Genozid – und sei er „nur” auf Israels Bevölkerung beschränkt, deren Territorium nicht größer als Hessen ist – wird es 75 Jahre nach Befreiung der Konzentrationslager mit Sicherheit nicht geben, weil weder der jüdische Staat noch seine Parteigänger (jüdische und nichtjüdische) weltweit bereit sein werden, einer solchen Entwicklung tatenlos zuzusehen.
http://www.hagalil.com/archiv/2007/09/brumlik.htm
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