Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

09.12.2007   16:41   +Feedback

The Joy of Return 9

Nicht, dass es uns in Sderot nicht gefallen hätte, im Gegenteil, aber Tel Aviv ist schon eine Klasse für sich, die weiße Stadt am Meer, das Dessau der Levante. Wenn es hier mal richtig regnet, ja, dann regnet es sich ein, aber wenn mitten im Dezember die Sonne scheint, dann wird einem klar, warum sogar die Nazis eine “Landesgruppe der NSDAP in Palästina” ins Leben riefen. Wir diskutieren eine Weile, wie wir den Sonntag verbringen wollen, und entscheiden uns dann für die osteuropäische Variante. Auf ins Cafe Vienna! “Jewish Home Made Food” Das Vienna gibt es schon seit Anfang der 5oer Jahre, es war lange das kulinarische Hauptquartier der Wiener und der Bukowiner, ein großes Lokal in der Rehov Ben Jehuda, in dem in allen Sprachen des k.u.k.-Reiches gekocht, geredet und gegessen wurde. Nach dem Tode des Gründers übernahm der Enkel das Etablissement und zog in ein kleineres Lokal in der Ben Jehuda Ecke Mendele um. Der alte Charme ist dahin, aber die Speisekarte ist dieselbe. Von Kreplach bis Tschulent, von Lungengulasch bis Rinderzunge. Wir fangen mit Kaved Kazuz (gehackte Leber) an, dann trennen sich unsere Wege. Nathan bestellt Hühnerbrühe mit Nudeln, danach Gulasch mit Püree und Tzimmes, süßen Möhren. Ich ordere eine Portion gefillte Fisch. Zum Nachtisch ziehen wir einen Block weiter, in das “Mersand”, Ben Jehuda Ecke Frishman. Das “Mersand” ist noch älter als das “Vienna”, es wurde schon in den 3oer Jahren eröffnet. Für die Einrichtung würden Museen ein Vermögen hinlegen. Man sitzt auf Hockern an winzigen Tischen wie beim Kindergeburtstag. Aber die Mehlspeisen sind sensationell, vor allem der Käsekuchen mit Rosinen und der Mohn- und der Schokokuchen. Und nicht nur das: Seit kurzem gibt es im “Mersand” auch W-LAN. Es ist, als wäre man in einer Postkutsche mit einem Satelliten-Navigationssystem unterwegs.

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