Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

05.12.2007   10:26   +Feedback

The Joy of Return 7

Das ist der schönste Film des Jahres: “The Band’s Visit”. Das Polizeiorchester von Alexandria kommt zu einem Gastspiel nach Israel. Leider hat man vergessen, die Musiker am Flughafen abzuholen, und so machen sie sich allein auf den Weg. Statt in Petach Tikwa (schlimm genug) landen sie in Beit Hatikwa, einem tristen Kaff am Ende der Welt. Wie schon bei “Avanti Popolo” und “Fiktive Ehen” wird auch bei der “Band” Israel aus der Perspektive der Fremden gezeigt. Alle Witze und Gemeinheiten gehen auf Kosten der Israelis. Sie sind grob, ungehobelt, autistisch - wie im wahren Leben.  Die Ägypter dagegen höflich, gut erzogen und diszipliniert - nicht ganz wie im wahren Leben, aber für die Dramaturgie des Film richtig. Die “Araber” werden alle von Juden aus arabischen Ländern und Arabern aus Israel gespielt, im Film wird Arabisch, Hebräisch und Englisch gesprochen. Hoffentlich wird er im Ausland nicht synchronisiert.
Völlig benommen von dem Film fahren wir zu “Moses” am Rothschild Boulevard, dem Hamburger-Laden von Tel Aviv. Da wir nicht reserviert haben, bekommen wir nur einen Tisch auf der Veranda, am 4. Dezember um 1o Uhr abends sitzen wir im Freien und frieren nicht. Um uns herum strecken sich Hochhäuser in den Himmel, dazwischen stehen Stadtvillen, die in den 2oer und 3oer Jahren gebaut wurden, später vollkommen verfielen und nun wieder restauriert da stehen, im Licht von Punktstrahlern.  Wir können uns nicht entscheiden, was wir mehr bewundern sollen: Die Baukunst der alten oder der neuen Architekten. Wir entscheiden uns für die Burger von Moses, die zu den besten der Stadt gehören, und überlegen uns, was passieren würde, wenn ein arabischer Restaurateur sein Geschäft in Kairo, Khartum oder Kreuzberg “Mohammed” nennen würde. Dieser Gedanke heitert uns auf. Und wir beschließen, noch auf eine Tasse Kakao zu Max Brenner nebenan zu gehen, der die Schokolade neu erfunden hat. Um Mitternacht sind wir wieder daheim in Jaffo, überzeugt davon, dass der Zionismus doch eine Zukunft hat.

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