Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

15.12.2007   00:56   +Feedback

The Joy of Return 13

Irgendwo bei Bnei Brak, sagt Nathan, soll es den besten Couscous in ganz Israel leben. Und so machen wir uns auf den Weg, von Ramat Gan aus in die Stadt der Frommen, das heißt aus dem Jahre 2oo7 in eine polnisch-jüdische Kleinstadt zu Anfang der letzten Jahrhunderts. In Bnei Brak gibt es keine chicken Cafes, keine Modeboutiquen und keine Feinkostläden. Dafür Geschäfte mit Perücken, Kinderwägen und Gebetbüchern. Man sieht auch keine Mädchen in Uniform auf den Straßen, sondern junge Mütter, die Berge von Lebensmitteln für ihre Familien einkaufen.
Am Rande von Bnei Brak liegt Pardes Katz, das einzige säkulare Viertel der Stadt. Und ausgerechnet hier soll es den besten Couscous weit und breit geben? Wir fragen uns durch und kommen unserem Ziel langsam näher. Gegenüber von „Edmunds Großhandel“ lassen wir den Chevy stehen und arbeiten uns zu Fuß durch eine Gegend, die immer dunkler und immer unheimlicher wird. Das reine Nachtjackenviertel, schlimmer als Köln-Nippes um Mitternacht. Vor einem Laden, der das Stammcafe von Ali Baba sein könnte, sitzen drei Männer und unterhalten sich in kehligen Lauten. „Gibt es hier irgendwo einen Couscous-Laden?“ fragt Nathan, während ich mich an mein Motorolla klammere. Einer der drei setzt zu einer Antwort an. „Halts Maul“, sagt der Gruppenälteste, „hier gebe ich die Auskünfte“.  Und er macht eine Kopfbewegung, die „eine Tür weiter“ heißen soll.
Und tatsächlich: Bei „Atzmon“ brennt noch Licht. Zwei Neonröhren unter der Decke lassen die blauen Wände noch blauer scheinen. An fünf Tischen sind alle Plätze frei, über der Theke hängt der Leitspruchs des Besitzers: „Hier gibt es keine Design für Millionäre, dafür hat jedes Gericht eine Seele.“
Eigentlich hat Atzmon schon zu. Aber es kommt nicht alle Tage vor, dass zwei Fremde aus Tel Aviv anreisen, um bei ihm zu essen. Und es ist noch Couscous da. Mit Lammfleisch und Gemüse. Atzmon packt alles, was die Töpfe hergeben, auf zwei große Teller und stellt einige Schalen mit Charif dazu. Für diesen Couscous hätte es sich gelohnt, auf der „Exodus“ nach Palästina zu dampfen. Wir kaufen noch zwei halbe Kilo Halva und rollen wieder heim. Unterwegs halten wir am „Kanyon“ von Ramat Gan,  einer gigantischen Shopping-Mall mit Hunderten von Geschäften, Cafes und Marken-Outlets. Bruchim haba’im. Die Zeitmaschine funktioniert. Wir sind wieder in Israel.

 

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