Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

06.01.2009   11:03   +Feedback

Zulässigkeit der freien Rede: OLG Köln hebt die EV von EHG gegen HMB wg. AS auf

Ich weiss, es gibt zur Zeit wichtigere Probleme als die Marotten einer Hausfrau. Aber das ist doch mal eine gute Nachricht, die wir mit allen teilen wollen, die ihre Daumen gedrückt haben:

Oberlandesgericht Köln
Pressemitteilung, 6.1.2009
Henryk M. Broder obsiegt im sog. Antisemitismus-Streit

Nach der heute verkündeten Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln darf der Journalist
und Buchautor Henryk M. Broder weiter publizieren, Eva Hecht-Galinski, die Tochter des
1992 verstorbenen langjährigen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland,
Heinz Galinski, gebe antisemitische Statements ab, wenn dies im sachlichen
Zusammenhang mit der Diskussion über irsraelkritische Äußerungen erfolgt. Der 15.
Zivilsenat hob in zweiter Instanz ein anders lautendes Urteil des Landgerichts Köln vom
03.09.2008 auf, das die konkrete Äußerung per einstweiliger Verfügung verboten hatte
(Aktenzeichen OLG Köln 15 U 174/08).

Der Publizist Broder hatte im Mai vergangenen
Jahres auf der Internetseite „Die Achse des Guten“, die er mitbetreibt, einen offenen Brief an
WDR-Intendantin Monika Piel sowie deren Antwortschreiben veröffentlicht. Er kritisierte,
dass Evelyn Hecht-Galinski in die WDR-Radiosendung “Hallo Ü-Wagen” zum Thema “Reden
über Israel” eingeladen worden war und schrieb dazu: “Jeder kölsche Jeck mit zwei Promille
im Blut würde sogar an Weiberfastnacht erkennen, dass Frau EHG eine hysterische,
geltungsbedürftige Hausfrau ist, die für niemanden spricht außer für sich selbst und dabei
auch nur Unsinn von sich gibt. Ihre Spezialität sind antisemitisch-antizionistische Statements,
die zur Zeit mal wieder eine kurze Konjunktur haben“. Bezogen auf das Attribut
„antisemitisch“ hatte Hecht-Galinski den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Broder
erwirkt.

Diese hob der Senat nun mit dem heute verkündeten Urteil auf. Zwar sei die angegriffene
Äußerung ihrem Bedeutungsgehalt nach auch dahin zu verstehen, dass Frau Hecht-Galinski
eine antisemitische Geisteshaltung unterstellt werden solle. Auch wenn die Äußerung ihrem
Wortlaut nach die Begriffe „antisemitisch“ und „antizionistisch“ verknüpfe, könne ihr
Aussagegehalt nicht darauf reduziert werden, dass nur die Kritik Hecht-Galinskis an der
Politik Israels bewertet werden sollte, wie Broder gemeint hatte.

Gleichwohl hat der Zivilsenat im Antisemitismus-Vorwurf Broders keine unzulässige
Schmähkritik gesehen, sondern die Äußerung letztlich vom Grundrecht der
Meinungsäußerungsfreiheit als gedeckt erachtet. Auch wenn hier alles dafür spreche, dass
Broder eine überzogene bis ausfällige Kritik geäußert habe, könne von einer „Schmähung“
erst dann die Rede sein, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern -
jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – allein die Diffamierung der Person im
Vordergrund stehe. Die angegriffene Äußerung Broders lasse einen hinreichenden
sachlichen Bezug zu der Diskussion über die Regierungspolitik Israels und zur Einordnung
der u.a. von deutschen Juden hierzu geäußerten Kritik erkennen. Als Beitrag zu einer die
Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage entferne sie sich daher von einer rein
persönlichen Diffamierung Hecht-Galinskis. Broder könne sich danach auf die Zulässigkeit
der freien Rede berufen, der gegenüber das Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten
müsse.

Der durchaus polemisierend und ausfällig zu nennende offene Brief Broders an die
WDR-Intendantin lasse den erforderlichen sachlichen Bezug zwar nicht aus sich heraus
erkennen. Das sei aber auch nicht zwingend erforderlich; es genüge, wenn auch außerhalb
des Briefes liegende Umstände den notwendigen Bezug zu einer die Öffentlichkeit
wesentlich berührende Frage herstellten – hier zur öffentlichen Diskussion über die
Regierungspolitik des Staates Israel und der dazu u.a. auch durch jüdische Deutsche
geäußerten kritischen Standpunkte. Da Frau Hecht-Galinski sich im vorliegenden Falle auf
die konkrete Veröffentlichung auf der Internetseite „achgut.com“ gewandt habe, müsse
maßgeblich berücksichtigt werden, dass dort auch der Antwortbrief der WDR-Intendantin
Monika Piel an Henryk M. Broder mit veröffentlicht worden sei. Daraus gehe aber klar hervor,
auf welchen sachlichen Anlass die angegriffene Äußerung Broders Bezug nehme. Auch
wenn im genannten Brief keine im Verlauf der Sendung von Seiten Hecht-Galinskis
gefallenen konkreten Aussagen wiedergegeben sind, werde dennoch erkennbar, worauf sich
Broders Aussage beziehe, nämlich auf die öffentlich verlautbarte Kritik an der
Regierungspolitik des Staates Israel, deretwegen Frau Hecht-Galinski in die Sendung
eingeladen worden war.

Ein weiteres Rechtsmittel gegen das Urteil, das im einstweiligen Verfügungsverfahren
ergangen ist, ist nicht gegeben. Der Streit zwischen den Parteien ist allerdings noch nicht
beendet; beim Landgericht Köln ist bereits das Hauptsacheverfahren anhängig, in dem am
18.02.2009 Termin zur mündlichen Verhandlung ansteht (Az. 28 O 571/08).
Der Dezernent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
(Hubertus Nolte)

Siehe auch:
http://www.welt.de/politik/article2978594/Broder-bekommt-im-Antisemitismus-Streit-Recht.html

 

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