Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

02.04.2009   07:57   +Feedback

Wenn der Rabbi schläft

Lange nichts mehr von Gert Weisskirchen gehört. Der immer freundliche SPD-Bundestagsabgeordenete aus Heidelberg war unter anderen von 2005 bis Ende 2008 der Persönliche Beauftragte des OSZE-Vorsitzenden zur Bekämpfung des Antisemitismus. (http://www.gertweisskirchen.de/index.php?mod=content&menu=23&page_id=260) Was GW in dieser Funktion genau machte, ist schwer zu sagen. Jedenfalls war er auf allen Konferenzen und Seminaren über den Antisemitismus anwesend und rief immer wieder zum Kampf gegen den Antisemitismus auf. Das war nicht viel, aber immerhin mehr als gar nichts. Er wäre gerne auch nach 2008 weiter der Persönliche Beauftragte des OSZE-Vorsitzenden zur Bekämpfung des Antisemitismus geblieben, wenn nicht ausgerechnet die Griechen einen anderen Kandidaten aus dem Ärmel gezogen und durchgeboxt hätten: Rabbiner Andrew Baker, ein Adabei des internationalen Referentenzirkus, dessen Teilnehmer sich gegenseitig zu Konferenzen einladen, auf denen über “Erinnerung ist das Geheimnis der Erlösung”, “Ohne Vergangenheit keine Zukunft” und ähnlich aufregende Themen diskutiert wird. Andrew Bakers Job wird auf der HP des American Jewish Committee so beschrieben: “Rabbi Andrew Baker joined AJC in 1979 and is now director of International Jewish Affairs. A leading expert on anti-Semitism in Europe and on challenges facing Jewish communities, including Holocaust restitution issues, he travels around the world to deepen and expand the extensive network of relationships between AJC and Jewish communities worldwide.” http://www.ajc.org/site/c.ijITI2PHKoG/b.817195/k.2F07/AJC_Experts.htm
So was nannte man früher Reisekader.
Warum die Griechen ausgerechnet Baker in das Amt gehoben haben, der vor Übermüdung und Überarbeitung auch schon mal mitten in einer Sitzung einschläft, gehört zu den operationalen Geheimnissen des OSZE-Betriebes. Er ist eben ein Antisemitismusexperte, der Tag und Nacht rastlos den Antisemitismus bekämpft, indem err von einer Konferenz zur nächsten düst, um dort über seine Erkenntnisse zu referieren, die er auf den anderen Konferenzen gesammelt hat. Was ein wenig redundant ist, denn auch die Teilnehmer der Konferenzen sind meist dieselben, wobei die einen im und die anderen gegen den Uhrzeigersinn unterwegs sind. http://www.reuters.com/article/pressRelease/idUS244454+15-Jan-2009+PRN20090115
Nun hat Griechenland selbst ein massives Antisemitismusproblem, das sich nach zwei Seiten bemerkbar macht: Gegen die Juden im Lande und gegen Israel, die zionistische Provokation. Genau genommen ist Griechenland ein “failed state” und etwa so korrupt wie Moldawien oder Rumänien. Das Land gehört eher in die Afrikanische Union als in die EU.
Und jetzt wurde auch noch ein notorischer grechischer Nazi, Antidemokrat und Antisemit, der die Juden als Untermenschen bezeichnet und bedauert hatte, dass Hitler sein Werk nicht vollenden konnte, vom Vorwurf der Aufstachelung zum Rassenhass freisprochen.Nur weniger Medien nahmen davon Notiz.

Das gesamte Buch besteht praktisch nur aus ständiger Wiederholung aller bekannten antisemitischer Parolen, der hartnäckigen Holocaustleugnung und persönlichen Eingeständnissen des Autors: “Ich bin Antisemit, ich verachte die Juden und sehe sie als Untermenschen an.” (Seite 481) In seinen Augen folgerichtig behauptet er, dass (S. 852) die Juden von Geburt und Religion aus Mörder wären, mit denen “sich die Menschheit beschäftigen müsse.” http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30042/1.html

“Verwirrt und besorgt” zeigt sich der Zentralrat der jüdischen Gemeinden Griechenlands, und dies dürfte noch eine eher diplomatische Formulierung sein. Griechenlands Juden sind geschockt und empört über die Entscheidung des Athener Oberlandesgerichts, das am vergangenen Freitag den griechischen Holocaust-Leugner Kostas Plevris vom Vorwurf der “Aufstachelung zum Rassenhass” freigesprochen hat. Plevris hat sich in seinem 1400-Seiten-Buch “Juden - Die ganze Wahrheit” selbst als “Nazi, Faschist, Anti-Demokrat und Anti-Semit” bezeichnet. In dem Machwerk nennt er Juden “Untermenschen”, preist Adolf Hitler und bedauert, dass dieser sein Werk nicht habe vollenden können. http://www.sueddeutsche.de/853388/024/2825310/Selbsterklaerter-Rassist-triumphiert.html

Das wäre der Moment, da Andrew Baker aufwachen und auf den Tisch schlagen müßte: So geht es nicht, liebe Post-Hellenen! Aber er bleibt lieber im Hintergrund, verhält sich still und geht niemand auf die Nerven. Lange nichts mehr von Rabbi Andrew Baker gehört, dem Persönlichen Beauftragten des OSZE-Vorsitzenden zur Bekämpfung des Antisemitismus.

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