Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

30.03.2009   04:22   +Feedback

“Ich will kein Schlaumeier sein”

Wolfgang Thierse anti-zionistischer Reflexe zu bezichtigen, wäre so daneben, als würde man Claudia Roth unterstellen, sie habe vor, sich bei Heidi Klum als “Germany’s Next Topmodel” zu bewerben. Es ist noch schlimmer: Er ist ein Adabei, der sich zu allem äußern muss und vor keinem Fettnapf zurückschreckt:

Die DDR hat auch positive Seiten gehabt:
http://www.tagesschau.de/inland/sellering118.html

Sorry Helmut, war nicht bös gemeint!
http://www.welt.de/politik/article1368431/Thierse_bittet_Kohl_um_Entschuldigung.html

Eine unverhältnismäßige Reaktion auf ein unverhältnismäßiges Urteil
http://www.zeit.de/online/2009/10/thierse-rechtskritik?page=2

Thierse handelt nach der Regel: Zwei Schritte vor, einen zurück. Selbst wenn er ab und zu Recht hat, wie im Falle von “Emily”, kneift er, um Ärger aus dem Weg zu gehen. Vor kurzem hat er eine Pro-Gaza-Erklärung mit unterschrieben, ohne darüber nachzudenken, mit was für obskuren Gestalten er sich einlässt. Ebenso bezeichnend wie der Fauxpas war die Stellungnahme, mit der er seinen Aussetzer umschrieb. Schauen Sie mal:

lieber herr thierse,
es ist schon eine weile her, dass wir uns in prag auf der straße getroffen haben. ich hoffe, es geht ihnen gut und dass sie unter den turbulenzen in der spd nicht allzu sehr zu leiden haben.
ich schreibe ihnen, weil ich eben in einer aussendung von pax christi gelesen habe, dass sie zusammen mit anderen petenten gefordert haben, die blockade von gaza aufzuheben:

“Wir wollen der Strangulation und dem Aushungern einer Bevölkerung
von 1,5 Millione Menschen nicht tatenlos zusehen, zumal sie weiterhin unter den
fortgesetzten militärischen Angriffen und ihren Folgen leiden”, heißt es
im Appell des Bündnisses, den u.a. Bundestagsvizepräsident Dr. Wolfgang
Thierse und weitere Bundestagsabgeordnete, Prof. Dr. Ulrich Gottstein,
IPPNW-Ehrenvorstandsmitglied, Prof. Dr. Rolf Verleger, ehemaliger
Vorsitzender des Landesverbands Jüdische Gemeinschaft Schleswig-Holstein
sowie die Bischöfe Heinz Josef Algermissen, Fulda und Dr. Hans-Jürgen
Abromeit, Pommersche Evangelische Kirche, unterzeichnet haben.

es spricht nichts dagegen, die israelische politik gegenüber gaza zu kritisieren und einen kurswechsel zu fordern. wäre es aber in diesem zusammenhang nicht angemessen, als voraussetzung für das ende der blockade auch einige forderungen an die hamas zu stellen? z.b. dass sie sich verpflichtet, den beschuss israelischer siedlungen dauerhaft und nicht nur vorübergehend einzustellen? oder noch besser: dass sie von ihrer erklärten absicht abrückt, die zionistische besetzung palästinas zu beenden, und zwar nicht nur der 1967 besetzten gebiete, sondern auch des israelischen kernlandes?

nachdem sie so viel für die pflege der erinnerung an die toten juden geleistet haben, wäre es nicht eine gute idee, sich mit der gleichen energie für das überleben den lebenden einzusetzen?

mit den besten grüßen aus dem cafe tomasa
ihr hb, 26.2.2009

Lieber Herr Broder,

in der Flut der Mails habe ich jetzt erst Ihre Post entdeckt. Sie haben Recht! Was Sie verlangen, nämlich den Beschuss israelischer Siedlungen durch die Hamas einzustellen, ist Grundposition deutscher Politik - auch meine. Dies ist oft genug, bei Gelegenheit auch von mir, öffentlich gesagt worden. Es immer wieder neu zu wiederholen, halte ich, wie Sie für notwendig. Allerdings wird es eine Lösung dieses quälenden Konflikts nicht geben, wenn nicht eine Lösung für Gaza erreicht werden kann. Ich weiß schon, dass Hamas die eigene Bevölkerung zur Geisel genommen hat, aber Israel wird sich nicht dauerhaft auf dieses böse Spiel einlassen können. Im Übrigen will ich kein Schlaumeier sein.

Mit herzlichem Gruß aus dem Büro
Ihr Wolfgang Thierse, 5.3.2009

Wie die Geschichte weiter ging, lesen Sie im nächsten Eintrag.

Permanenter Link

Achgut  Inland  

Die Achse des Guten