Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

16.03.2009   05:15   +Feedback

Weinstock wird erwachsen

Die älteren unter den achgut-Lesern werden sich noch an Bully Buhlan, Lys Assia, Rex Gildo, Rocco Granata, Bill Ramsey, Gus Backus und den Messerschmitt-Kabinenroller erinnern. Ebenso an den österreichischen Dichter Erich Fried, der seine enorme Beliebtheit etwa zu gleichen Teilen seinen grauenhaften Gedichten (“und vietman und”) und seinen extrablöden politischen Statements verdankte. Fried war auch ein jüdischer “Antizionist”, der sich schon sehr früh mit “israelkritischen” Erklärungen hervortat. Als Jude, dessen Vater vor seinen Augen von den Nazis erschlagen wurde, war er über jeden Verdacht erhaben, ein jüdischer Selbsthasser zu sein. Er konnte es sich sogar erlauben, den Neo-Nazi Michael Kühnen im Knast zu besuchen und ihm anständige Motive zu attestieren, ohne um seinen Ruf als Linker fürchten zu müssen. Auf seine Art war Fried ein Monopolist: der einzige Jude weit und breit, der auf Anti-Israel-Kundgebungen auftrat, den Zionismus verdammte und sich für einen “binationalen” Staat in Palästina einsetzte - der nützliche Antiimpi-Idiot vom Dienst.

Außer Fried gab es nur noch Nathan Weinstock, einen frankophonen jüdischen Schrifsteller, der 1969 das Buch ““Le Sionisme contre Israël” veröffentlichte, das auf Englisch unter dem Titel “Zionism: False Messiah” erschien. Während Fried das linke Fussvolk bediente, war Weinstock ein Geheimtip unter Intellektuellen, die “Les Temps Modernes” lasen und Gauloises ohne Filter rauchten. Weinstocks Buch erschien erst 1985 in Deutschland, bei Klaus Wagenbach, dem Verleger von Erich Fried, eingeleitet und herausgegeben von Eike Geisel und Mario Offenberg. (“Das Ende Israels? Nahostkonflikt und Geschichte des Zionismus”) Geisel nahm sich diese Tat später übel, Offenberg entdeckte bald darauf seine orthodoxen Wurzeln und übernahm eine gesetzestreue Gemeinde in Ostberlin, die er seitdem als Familienbetrieb führt.
Fried und Weinstock ihrerseits waren die geistigen Nachkommen von Otto Heller, eines jüdisch-österreichischen Kommunisten, der 1931 das Buch “Der Untergang des Judentums. Die Judenfrage. Ihre Kritik. Ihre Lösung durch den Sozialismus” schrieb. Heller wurde Ende 1943 nach Auschwitz deportiert und starb Anfang 1945 in einem Außenlager des KZ Mauthausen. Insofern erfüllte sich seine Vision vom “Untergang”, wenn auch nicht so, wie er sie sich vorgestellt hatte.

Es war ein lange verkanntes Genie, das die Prophezeiungen von Heller und Weinstock zusammenfaßte: Hajo G. Meyer mit seinem Buch “Das Ende des Judentums”; irgendwie scheint auf dem Gedanken ein Fluch zu liegen. Meyers Buch, das sich so liest wie alter Labskaus schmeckt, brachte weder seinem Autor noch dem Verleger Glück. http://www.henryk-broder.de/tagebuch/hajo.html

Und nun kommts. Nathan Weinstock hat sich vor einem Jahr von seinem von 40 Jahren erschienen antizionistischem Buch distanziert und den weiteren Vertrieb des Werkes untersagt. Er mag nicht mehr der nützliche Idiot von Antisemiten sein, die sich hinter einem Juden verstecken. Für eine richtige Einsicht ist es nie zu spät. Schade, dass der Erich es nicht mehr erlebt hat.

http://jewishrefugees.blogspot.com/2008/02/weinstock-reformed-trotskyist-to.html
http://arvsaz.blogspot.com/2008/09/nathan-weinstock-ex-anti-zionist.html
http://www.hurryupharry.org/2008/02/21/nathan-weinstock-ex-anti-zionist/
http://www.xanga.com/bartoncii/644263383/nathan-weinstock-repudiates-his-former-anti-zionism/

Siehe auch:
Das Bekenntnis eines ehemaligen Antizionisten
http://www.hagalil.com/archiv/2006/09/weinstock.htm
http://www.jlturbet.over-blog.com/article-3949177.html

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