Sie waren schon in Bayreuth und in Oberammergau? Sie haben alle Stücke von George Tabori und Elfriede Jelinek gesehen? Sie haben ein Abo fürs Burgtheater? Sie fahren jedes Jahr zum Theaterfestival nach Edinburgh? Und bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg waren Sie auch schon? Vergessen Sie’s. You’ve seen nothing yet, solange Sie nicht “The Producers” gesehen haben, das Musical von Mel Brooks, das gestern Abend Premiere im Berliner Admiralspalast hatte. Und wenn Sie bis jetzt angenommen haben, deutsche Schauspieler können so was nicht, nicht gleichzeitig spielen, tanzen, singen und steppen, dann lassen Sie sich eines Besseren belehren und schauen Sie sich “The Producers” an. Es ist mehr als ein Musical, es ist perfektes Theater, entfesselt und hemmungslos, wie Sex im Heissluftballon zum Bolero von Ravel.
Sogar Ernst Lubitsch wäre begeistert. Und niemand fragt, ob man sich über die Nazis lustig machen darf, ob das 3. Reich nicht “verharmlost” wird, wie das noch vor kurzem bei Dani Levys Filmen “Alles auf Zucker” und “Mein Führer” der Fall war. Nicht einmal “Tante Charly” äußerte Bedenken, ob es für so ein Stück nicht zu früh wäre. Sieht aus, als würden sich die Deutschen mit dem Gedanken abfinden, dass sie nicht auf einen Dämon sondern auf einen Schmierenkomödianten reingefallen sind. Jedenfalls ist mit der Aufführung der “Producers” der Prozess der Entnazifizierung erfolgreich abgeschlossen, die Antifa kann sich wieder auf den Kampf gegen Fast Food konzentrieren.
Wie schon nach dem Besuch der “Geschwister Pfister” müssen wir allerdings auch diesmal sensible Naturen warnen. Das Stück ist voller sexueller Anzüglichkeiten, von denen “Kopulieren auf allen Vieren” noch die harmloseste ist. So was wird im hinteren Kandertal mit einer extra Portion Linsa mid Schbäzla ônd Soidawirschd bestraft. In Berlin gibt es dafür Standing Ovations.

Siehe:
http://www.youtube.com/watch?v=K08akOt2kuo