Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

17.05.2009   13:33   +Feedback

Pater Jonas und das Ende einer Minderheit

An die Dormitio-Abtei auf dem Zions-Berg in Jerusalem habe ich die angenehmsten Erinnerungen. Erstens stand dort ein sehr leistungsfähiger Fotokopierer, zweitens gab es ein Fax-Gerät, das man für ein “Vergelt’s Gott!” benutzen durfte und drittens war Bruder Immanuel, der Prior, ein witziger und lebenslustiger Saarländer, mit dem man über alles reden konnte. Später hat Immanuel die Kutte abgelegt, ein paar Gelübde widerrufen, geheiratet und Kinder in die Welt gesetzt, ist also nicht nur komplett resozialisiert, sondern tut auch was für für den Fortbestand des Christentums.

Als der Papst vor ein paar Tagen Jerusalem besuchte, sah ich plötzlich den Nachfolger von Immanuel im Fernsehen, und zwar hier: http://www.youtube.com/watch?v=EcH-I6qoPuc

“Das ist auch ein ganz konkretes Problem, dass die Christen einfach, ich sage mal, ähm, ja ein Stück sich unterdrückt fühlen, auch von diesem Staat Israel.” Was Pater Jonas ein Stück gemeint haben könnte, wäre, ähm, sag ich mal, die Tatsache, dass Israel neben dem Vatikan das einzige Land der freien Welt ist, das die Unauflösbarkeit der kirchlich geschlossenen Ehe anerkennt und ehemüden Katholiken keine Scheidung erlaubt. Im Gegensatz zu Juden und Moslems, die sich sehr wohl scheiden lassen können. Das ist in der Tat ein Skandal und eine Form der Unterdrückung. Andererseits: In keinem anderen Land des Nahen Ostens können Christen so frei ihren Glauben leben wie in Israel. Das weiss auch Pater Jonas, so wie schon Bruder Immanuel vor 20 Jahren gewusst hat, dass es nicht die Juden sind, die die Christen aus dem Land treiben, sondern die Moslems mit ihrem ausgeprägten Sinn für religiöse Toleranz. Aber darüber reden die christlichen Würdenträger nicht gerne, um die Lage der Christen nicht weiter zu verschlimmern. Wenn Juden in den christlichen Ländern früher nur einen Bruchteil der Freiheiten gehabt hätten, die Christen heute im Judenstaat haben, müsste sich der Papst nicht immerzu bei den Juden entschuldigen.

Und was die Feststellunbg des RTL-Reporters angeht, die Christen seien am Geburtsort der Christenheit “eine aussterbende Minderheit”: Wenn sich Pater Jonas und seine Mitbrüder den Ex-Bruder Immanuel zum Vorbild nehmen würden, wäre das Christentum gerettet.

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