Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

21.08.2009   15:27   +Feedback

Velkommen til Koebenhavn

Es gibt Momente, da vermisse ich unsere Berliner Taxifahrer. Zum Beispiel heute mittag, nach der Landung in Kastrup. Fast alle Kopenhagener Taxifahrer haben einen Migrationshintergrund, was nicht weiter bemerkenswert wäre, wenn sie aus der Türkei kämen. Sie kommen aber aus noch weiter entfernten Regionen, wo - sagen wir es höflich - Freundlichkeit nicht auf Freiwilligkeit beruht. Sie sagen zur Begrüßung weder “Guten Tag” noch “Leck mich am Arsch”, sie sagen einfach nix, machen den Taxameter an und fahren los. Beim letzten Besuch hatte ich einen, der wie Omar Sharif aussah und ausnahmsweise kommunikativ war. Er wollte mir klarmachen, warum die Dänen Rassisten sind, weil sie nämlich seine Cousins und Cousinen, die in Pakistan leben (oder wars Afghanistan?), nicht nach Dänemark nachkommen lassen. Er selbst war als Kind mit einen Eltern nach Dänemark gekommen und hatte eine pakistanische Frau geheiratet, die ebenfalls mit ihren Eltern gekommen war. Die Dänen, die das Konzept der Großamilie schon vor einiger Zeit aufgegeben hatten, zeigten sich kleinlich und verweigerten die Familienzusammenführung.

Welche Sorgen den jungen Mann plagten, der mich heute vom Flughafen in die Stadt fuhr, weiss ich nicht, aber es war offensichtlich, dass er es ungern tat. Widerwillig stieg er aus dem Wagen und machte den Kofferraum auf, jede Bewegung ein stummer Protest. Nachdem er wieder am Lenkrad Platz genommen hatte, schaute er mich an, als wollte er sagen, eigentlich müsste er hinten sitzen und mir sagen, wohin ich ihn fahren soll. Ich hätte gerne darüber mit mir reden lassen, aber das wollte er auch nicht. Nachdem er einige rote Ampeln souverän ignoriert hatte - ich vermute, in Kabul oder Islamabad macht man das so - kamen wir doch vor dem Hotel an. Da ich bereits am Flughafen in Anthon Berg investiert hatte, fehlten mir 50.- Kronen, um die Fahrt zu bezahlen. Ich bat ihn, mit in die Hotel-Lobby zu kommen. Er machte ein Gesicht, als hätte ich ihn aufgefordert, meine Schuhe zu putzen. Ich liess mir 50.- Kronen an der Rezeption geben, er riss sie mir aus der Hand, sagte weder “Danke” noch “Leck mich am Arsch”, drehte sich um und ging.

Und nun frage ich mich: Was habe ich falsch gemacht? Hätte ich ihm anbieten sollen, für ihn und seine Verwandten bei den dänischen Behörden ein gutes Wort einzulegen? Hatte er gemerkt, dass eine der Anthon Berg Packungen (Plum in Madeira) nicht halal war? Sah er mir an, dass ich im Flugzeug Schinken gegessen hatte? Oder war er einfach nur aus Prinzip beleidigt? Ich sollte es nicht persönlich nehmen. Es ist eben ein Kampf der Kulturen.

Permanenter Link

Achgut  

Die Achse des Guten