Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

02.07.2009   20:59   +Feedback

Unter Menschen 5

In der U7 nach Spandau. Zwei Erzieherinnen steigen mit zwei Dutzend Kindern ein, Mädchen und Jungen im Vorschulalter. Dem Aussehen nach zu urteilen, hat die Hälfte der Kinder einen „Migrationshintergrund“, alle reden Deutsch, kein Mädchen trägt ein Kopftuch, die Jungen Baseballmützen verkehrt herum. Es gibt das übliche Gerangel um die freien Plätze, wobei ein Mädchen das Kommando übernimmt. „Jose, setzt dich dahin, Haji, du kommst her.“ Alle Kinder sind proper angezogen, keines sieht aus, als hätte es sich nach dem Aufstehen selber versorgen müssen, sie sind laut und lustig und völlig aggressionsfrei. So sehen die Berliner der Zukunft aus.

Aber das ist es nicht, was wir mitbekommen. Wir lesen jeden Tag, dass es ein „Ausländerproblem“ gibt, dass Ausländer überall diskriminiert werden, dass „der Staat“ nicht genug für die Integration der Ausländer tut. Eine ganze Industrie lebt inzwischen davon, die Ausländerfeindlichkeit zu suchen, zu examinieren und zu bekämpfen. Und je mehr gegen die Ausländerfeindlichkeit getan wird, umso mehr nimmt sie zu. Also müssen noch mehr Migrationsforscher, Migrationsberater, Quartiersmanager und Integrationshelfer her, um die Ausländerfeindlichkeit in den Griff zu bekommen. So haben alle was von: Die Ausländer bleiben Ausländer und den Integrationsexperten geht die Arbeit nicht aus.

Es ist wie bei der Armut: Alle drei Monate gibt es einen neuen Armutsbericht, immer mehr Arme und Bedürftige, die auf immer mehr Hilfe angewiesen wird. Und im nächsten Armutsbericht lesen wir, dass alles wieder viel schlimmer geworden ist. Noch mehr Arme und noch mehr Bedürftige. Also müssen noch mehr Mittel bereitgestellt werden, um deren Lage zu erkunden. Und das kommt wieder den Armutsforschern zugute.

Inzwischen ist der Umsatz der Wohlfahrtsorganisationen größer als der Umsatz der Automobilindustrie, Caritas & Co. beschäftigen auch mehr Mitarbeiter als die Autobauer.

In ein paar Jahren wird die Hälfte der Bundesbürger Sozialhilfe beziehen, und die andere Hälfte wird davon leben, das Geld zu verteilen. Opel, Quelle und Siemens wird es nicht mehr geben, aber bei „Aktion Misereor“ und „Brot für die Welt“ werden die Lichter nicht ausgehen.

 

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