Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena
25.06.2009 10:50 +Feedback
Seit ich aus Solidarität mit den Not leidenden Massen nur noch 2. Klasse fahre, treffe ich in der Bahn Menschen, die ich nur aus den Nachmittags-Talkshows kenne. Gestern zum Beispiel einen Mann um die 60, der ganz ruhig auf seinem Platz saß, bis das Handy in seiner Hosentasche klingelte. Er nahm es raus, klappte es auf und gab seine Koordinaten an: Wann er losgefahren war, wann er ankommen würde und wo er jetz wäre. Und dann wurde es interessant. Er sagte. “Ich habe schon gegessen. Spaghetti mit Tomaten und Parmesan. Und eine Apfelschorle hab ich auch getrunken.” Die junge Frau ihm gegenüber zog ihren Pullover ins Gesicht, um ihr Lachen zu verdecken. Ich musste an Hanns Dieter Hüsch denken und seine Dialoge vom Niederrhein denken, die er auch in Bussen und Zügen aufschnappte. Dann sagte der Mann: “Und wenn ich daheim bin, geh ich gleich schlafen.” Klappte das Handy zu und steckte es wieder in die Hosentasche.
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