Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

09.02.2010   23:06   +Feedback

Gesucht: Ein Ort für Norman

Es ist erst wenige Tage her, da hatten sieben bedeutende Massenorganisationen - der Arbeitskreis Nahost Berlin, das Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung, die Deutsch-Israelisch-Palästinensische Freundschaftsgesellschaft (DIPF), die Deutsch Palästinensische Gesellschaft (DPG), die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, die Landesarbeitsgemeinschaft Frieden und Internationale Politik (DIE LINKE) und das Ökumenisches Zentrum für Umwelt-, Friedens- und Eine-Welt-Arbeit - vollmundig eine Veranstaltung am Freitag, 26. Februar 2010 um 19:00 Uhr in der Trinitatis-Kirche am Karl-August-Platz in Berlin-Charlottenburg angekündigt: “1 Jahr nach dem Überfall der israelischen Armee auf Gaza - die Verantwortung der deutschen Regierung an der fortgesetzten Aushungerung der palästinensischen Bevölkerung - Vortrag und Diskussion”.

Der Referent, der über die Verantwortung der deutschen Regierung an der fortgesetzten Aushungerung der palästinensischen Bevölkerung berichten sollte, wurde wie ein Sohn von Mutter Teresa und Albert Schweitzer vorgestellt: “Norman Finkelstein ist US-amerikanischer Politikwissenschaftler, dessen Eltern als einzige ihrer Familien den Holocaust überlebt haben. Er hat sein Leben der Wahrheitsfindung im israelisch-palästinensischen Konflikt gewidmet. Für diese radikale Wahrheitsfindung, die auf dem Internationalen Recht basiert, wurde ihm die Festanstellung an der DePaul Universität, Chicago, verweigert.”

Und weil Dr. hol. Finkelstein die Festanstellung in Chicago verweigert wurde, muss er übers Land tingeln, wie eine drittklassige Soubrette, die an der Staatsoper von Winnipeg nicht einmal Souffleuse werden konnte, gestern bei der Hisbollah im Libanon, heute beim AK Nahost in Berlin.

Aber - das Unrecht lauert überall. Nicht nur in Gaza, sondern auch in Charlottenburg. Nachdem die Verantwortlichen der Trinitatis-Gemeinde erfahren hatten, wer bei ihnen predigen sollte, widerriefen sie die Vermietungszusage. Klickt man heute die Seite des Ökumenischen Zentrums für Umwelt-, Friedens- und Eine-Welt-Arbeit an, erfährt man, dass der Ort, an dem Norman sprechen soll, “noch gesucht und rechtzeitig bekannt gegeben” wird. Auf der Homepage der deutsch-palästinensischen Gesellschaft findet sich kein Termin für den 26. Februar, und das Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung will sich an der geplanten Veranstaltung mit Norman Finkelstein nicht beteiligen:

“Wir haben aus Unachtsamkeit, mangelnder Recherche und im Vertrauen auf die Kooperationspartner eine heftige Fehlentscheidung getroffen. Finkelsteins Verhalten und seine Thesen bewegen sich unseres Erachtens nicht mehr im Rahmen berechtigter Kritik.”

Das ist für Normans deutsche Freunde, die sich gerne hinter einem jüdischen Antisemiten verstecken, besonders bitter, denn das Bildungswerk der Böll-Stiftung sollte einen wesentlichen Teil der Kosten für Finkelsteins Anreise und Aufhenthalt übernehmen. Nun wird nicht nur ein neuer Ort für Norman sondern auch ein neuer Sponsor gesucht. Es sei denn, Finkelstein kommt zu Fuß angelaufen, logiert bei der Bahnhofsmission und pfeift unter den Funkturm auf dem letzten Loch, um sich wenigstens eine Bulette pro Tag leisten zu können. Bis sich die UNRWA auch seiner annimmt.

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