Schon möglich, dass die Jungs vom Zentralrat der Juden (Graumann, Korn, Kramer) derzeit mit ihrer Präsidentin Charlotte Knobloch (“Tante Charly”) nicht besonders nett umgehen. Sie wollen sie los sein und stellen sich dabei nicht gerade charmant an. Aber so was kommt in den besten Vereinen vor, so sind auch Willy Brandt, Helmut Kohl und einige Weinköniginnen an der Mosel abserviert worden. Freilich: Die Art, wie dies geschieht, ist noch geradezu chevaleresk verglichen mit der Art, wie darüber berichtet wird. Und da hat mal wieder die SZ, die Speerspitze des Starkbier-Philosemitismus, die Nase vorn. In der SZ kommt jeder antisemitische Wirrkopf zu Wort, der Israel entjuden möchte, und jeder Daniel Düsentrieb der Sozialwissenschaft, der kurz vor seiner Pensionierung noch eine sensationelle Entdeckung macht.

Jetzt aber hat sich die SZ selber überholt. Matthias Drobinski schreibt über den Zentralrat folgendes: “Jahrzehntelang war der Zentralrat Mahner und Gewissen des politischen Deutschlands, zuletzt konnte er diese Rolle nicht mehr ausfüllen.”

Ja, ohne den Zentralrat wäre das politische Deutschland längst in der Barbarei versunken. Nur dem Zentralrat ist es verdanken, dass die Gewaltenteilung und die Müllabfuhr in Deutschland noch einigermaßen funktionieren und die SZ nicht bei Hakle recycelt wird. Und dass Matthias Drobinski einen vorgezogenen Nachruf auf Charlotte Knobloch schreiben und dabei den Zentralrat “Mahner und Gewissen” des politischen Deutschland nennen kann. Zuerst bringt das politische Deutschland die Juden um, um danach die Überlebenden zu seinem Gewissen zu ernennen. In der Produktion nennt man so was “Outsourcing”, bei der SZ ist es ein Kommentar von Matthias Drobinski, der sich damit selbst zum Schmock der Woche promotet hat.

Siehe auch:
http://www.sueddeutsche.de/politik/162/502397/text/
http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/Zentralrat-der-Juden-Knobloch-Graumann;art141,3022334