Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

30.01.2010   20:40   +Feedback

Was hat Monika Maron mit dem Islam zu tun?

Im vorletzten SPIEGEL veröffentlichte Monika Maron einen Text über die “Besserfundis” im deutschen Feuilleton (Steinfeld, Seidl e.a.), die Islamkritikern Fundamentalismus unterstellen und Toleranz auch gegenüber Individuen und Ideologien einfordern, die ihrerseits von Toleranz nichts wissen wollen. Maron bezeichnete diese Haltung - zu Recht - als “geistigen Selbstmord”.

Nun bekommt sie die Antwort, von der Religionspädagogin und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor. Der Text ist schon deswegen lesenswert, weil er alle Grundmuster einer asymmetrischen Debatte enthält. Während Maron sich mit den Argumenten der Islamversteher im deutschen Feuilleton auseinandersetzt, stellt Kaddor gleich zu Anfang ihrer Replik das Recht Marons in Frage, sich zu dem Thema überhaupt äußern zu dürfen. “Monika Maron. Was sie mit dem Islam zu tun hat? Soweit ich weiß, nichts. Sie ist Schriftstellerin, 68 Jahre alt und kam kurz vor der Wende aus der DDR nach Westdeutschland.”

Es wäre ein wenig billig aber grundsätztlich nicht verkehrt, mit einer Gegenfrage zu antworten: “Who, the fuck, is Lamya Kaddor? Was hat sie mit dem deutschen Feuilleton zu tun?”

Das werden wir nicht tun, so wie wir Frau Kaddor auch nicht fragen werden, wer sich denn mit den Islamverstehern im deutschen Feuilleton beschäftigen darf. Nur Schrifstellerinnen, die erst nach der Wende aus der DDR nach Westdeutschland gekommen und wesentlich jünger als 68 sind? Was Frau Kaddor gegen Monika Maron in Stellung bringt, ist ihre eigene passiv-aggressive Haltung, die vollkommen argument- und ironiefrei auftritt und sich an der eigenen Wehleidigkeit berauscht. Zu dumm, um eine Satire als Satire zu erkennen, weiss sie doch genau, wie beim SPIEGEL die Seiten verteilt werden. “Die erste Merkwürdigkeit, die einem förmlich ins Gesicht springen muss, lautet: Warum verteidigt jemand im ‘Spiegel’ einen Mitarbeiter des ‘Spiegels’ (Henryk M.  Broder)? Bin ich die Einzige, der hier die Frage in den Sinn kommt: Will sich Frau Maron damit lieb Lind machen?  Hat sie sich damit für den Platz bedankt, den ihr der ‘Spiegel’ freundlicherweise eingeräumt hat?”

Schon möglich, dass es in der Welt, in der Frau Kaddor zu Hause ist, so zugeht, aber das ist ihr Problem und nicht das von Monika Maron. Sie sollten dennoch Kaddors Text in Ruhe zu Ende gelesen, es lohnt sich schon deswegen, weil er von einer promovierten Wissenschaftkerin geschrieben wurde, die sich bei dem Versuch, den Islam vom Islamismus zu unterscheiden, so verhebt wie vor kurzem noch die Marxisten bei ihren Anstrengungen, die sozialistische Idee gegen die Praxis des real existierenden Sozialismus zu verteidigen. Klicken Sie hier und bleiben sie cool.

Und falls Sie noch mehr Lust auf unfrisierte Gedanken haben, lesen Sie auch den Text von Lamya Kaddor über den jungen Moslem aus Somalia, der vor kurzem versucht hat, den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard umzubringen. Kostprobe:

“Vielleicht hat er auch zu viel al-Jazeera gesehen. Vielleicht konnte er die vielen Toten in Afghanistan, in Pakistan, im Irak, die dort en detail gezeigt werden, nicht mehr verkraften? Vielleicht ärgerte ihn der von der deutschen Bundeswehr angeforderte Beschuss zweier Tankwagen in Kunduz vor einigen Monaten, der bis zu 140 Todesopfer gefordert haben soll, darunter zahlreiche Zivilisten? Vielleicht machte es ihn rasend, dass dieser Vorfall im Westen vor allem zu technokratischen Diskussionen über einen Militäreinsatz geführt hat, statt sich dem Schicksal der betroffenen Familien zu widmen?  Vielleicht war es auch einer der anderen unzähligen Vorfälle, von denen wir im Westen in der Regel nichts mitbekommen, die im Land seiner Eltern, Somalia, und anderenorts aber an der Tagesordnung stehen. Vielleicht machte er ‘den Westen’ dafür genauso pauschal verantwortlich, wie manche hier ‘den Islam’ per se für alle Gräueltaten verantwortlich machen? - Hat sich Kurt Westergaard über solche Fragen Gedanken gemacht, als er seine Karikatur veröffentlichen ließ?”

Wir gratulieren dem ZDF und der Uni Münster zu dieser wissenschaftlichen Spitzenkraft.

Siehe auch:
http://www.muensterschezeitung.de/lokales/muenster/startseite/mslo/Muenster-Wissenschaftlerin-soll-100-000-Euro-veruntreut-haben;art993,321006
http://www.borkenerzeitung.de/lokales/muenster/nachrichten/1156648_Islamische_Religionspaedagogin_wegen_Vermoegensuntreue_vor_Gericht.html
http://www.muensterschezeitung.de/lokales/muenster/Muenster-Anwaelte-von-Lamya-Kaddor-halten-Vorwuerfe-fuer-haltlos;art993,733622
http://www.muensterschezeitung.de/lokales/muenster/Muenster-Hauptzeuge-widerspricht-der-Anklage;art993,767671

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