Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

28.01.2010   12:08   +Feedback

Erst knutschen, dann köpfen

Heute, kurz nach Mitternacht, zeigte die ARD den Film “Leo und Claire” von Joseph Vilsmaier nach dem Tatsachenroman “Der Jude und das Mädchen” von Christiane Kohl. Sehr sehenswert nicht nur wegen der Story, sondern auch wegen der schauspielerischen Leistung von Franziska Petri und Michael Degen, der einen kultivierten und dabei tumben deutschen Juden spielt, Leo Katzenberger, der nicht merkt, was um ihn herum vorgeht und noch in den späten 30er Jahren zu Besuch nach Palästina fährt und dann in sein geliebtes Nürnberg zurückkommt, wo ihn seine Nachbarn und die Nazis schon sehnsüchtig erwarten. Er verliert nicht nur sein Eigentum, sondern am Ende auch seinen Kopf unter dem Fallbeil.

Die Geschichte wurde schon relativ früh, in den 60er Jahren, bekannt, als sich die bayerische Justiz des Falles annahm. Im Oktober 1967 konnte man in einem Bericht des SPIEGEL lesen:

= Rothaug hat sich in Köln-Mülheim niedergelassen (“Ich bringe mich so mit allerlei Arbeiten durch”), Beisitzer Ferber ist Exportkaufmann in Nürnberg, Kollege Hoffmann arbeitet als Rechtsanwalt in Darmstadt. Staatsanwalt Hermann Markl war 1951 als bayrischer Amtsrichter wieder eingestellt und binnen vier Jahren zum Oberlandesgerichtsrat befördert worden. Mit ungekürztem Ruhegehalt hat er sich inzwischen vorzeitig pensionieren lassen und wirkt seither als Vormund für die katholische Jugendfürsorge in München.

Ferber und Hoffmann, gegen die nun nach langwierigen Ermittlungen verhandelt werden soll, sind guten Mutes. NS-Jurist Hoffmann hält das Katzenberger-Urteil “in seinem vollen Umfang, also in seinen tatsächlichen Feststellungen, in der rechtlichen Würdigung und in der Strafzumessung für richtig”.

Kollege Ferber ist sogar stolz darauf: “Es war ein Angriff gegen das deutsche Blut, geschützt in der Trägerin, der deutschen Frau. Daß der Jude zum Tode verurteilt wurde, war schon in Ordnung.” Und: “Wir haben nicht irgendein Urteil gemacht, sondern es war ein rechtsschöpferischer Akt. Die Juden mußten vor den deutschen Frauen abgeschreckt werden, und auf diesem Gebiet haben wir wirklich etwas geleistet.” = http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46185250.html

Die beiden Richter wurden nach dem Krieg angeklagt und “wegen je eines Verbrechens des Totschlags” zu drei beziehungsweise zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Immerhin, werden Sie jetzt sagen. Warten Sie ab, bis Sie gelesen haben, wie das Verfahren ausgegangen ist. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44916221.html

Unter diesen Umständen von den “Erben der Firma Freisler” zu sprechen, ist wirklich eine schamlose Untertreibung.

Falls Sie mehr über das Spass-Delikt Rassenschande wissen wollen, hier.

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