Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

26.04.2010   00:22   +Feedback

Prof. Dr. Ahnungslos

Der um die optimale Regelung seiner Nachfolge bemühte Direktor des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung, Prof. Wolfgang Benz, findet zwischen zwei Vorstellungsgesprächen immer noch Zeit, Interviews zu geben, zuletzt mit quantara.de, dem DW-Portal für den “Dialog mit der islamischen Welt”. 20 Jahre lang hat Benz den Antisemitismus erforscht, um am Ende seiner akademischen Karriere dort anzukommen, wo vor ihm schon Dr. Faust gestrandet ist: “Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!”

Das Interview, das Benz praktisch mit sich selber führt, ist vor allem ein Dokument totaler Ahungslosigkeit, die er mit Spekulationen, Unterstellungen und Wichtigtuerei bemäntelt. “Es handelt sich um Überfremdungs- und Verschwörungstheorien wie die Vorstellung, Minderheiten wollten unser Land in Besitz nehmen oder eben heute: islamisieren. Im 19. Jahrhundert waren es die Juden, jetzt ist es die angebliche islamische Gefahr, die das Abendland bedroht.”

Da Benz noch mit einem Einspänner zur Arbeit fährt, mit dem Gänsekiel schreibt und sein Gehalt in Naturalien bezieht, fühlt er sich in der Gemütswelt des 19. Jahrhunderts daheim. Das 20. Jahrhundert, in dem der Antisemitismus voll erblühte, lässt er zugunsten der Aktualität links liegen. Die Parallelen zwischen dem Judenhass von damals und der Islamophobie von heute sind in der Tat frappierend. Was einst die Ritualmorde waren, die den Juden zur Last gelegt wurden, das sind heute die Ehrenmorde, die den Moslems vorgeworfen werden, nichts als Hetze gegen Minderheiten. Wurden früher die Juden genötigt, sich zu assimilieren und ihren Glauben abzulegen, wenn sie es zu etwas bringen wollten, so werden heute Moslems zur Taufe gezwungen, wenn sie den Führerschein Klasse 3 machen möchten. Waren ehedem Zeitschriften wie der Simplicissimus, der Kladderadatsch und die Gartenlaube voller antisemitischer Karikaturen, so sind es heute der Kicker, die Apothekenrundschau und das Sonntagsblatt für Ostfriesland.

Allerdings gibt es zwischen damals und heute einen relevanten Unterschied.  “Man hat gelernt, dass Juden jetzt sankrosankt sind, weil wir ihnen Entsetzliches angetan haben. Das bringt uns aber offensichtlich nicht zum nächsten Schritt, auch andere Minderheiten… zu respektieren.” Das ist natürlich ein Skandal, dass die Juden “jetzt saNkrosankt sind”, während die Hetze gegen andere Minderheiten ungebremst weiter geht - sagt der Doyen der deutschen Antisemitismusforschung, dem es irgendwie entgangen ist, dass jede Synagoge, jede jüdische Schule und jeder Kindergarten beschützt werden müssen, während es auf der moslemischen Seite nur die türkischen Konsulate sind. Die Kritk an seiner Person führt Benz auf eine kleine aber laustarke Gruppe zurück, “die wohl befürchtet, dass der Holocaust jetzt sein Alleinstellungsmerkmal verlieren könnte”. Ja, so sind die Juden, früher nahmen sie Wucherzinsen, heute wuchern sie mit dem Holocaust.

Freilich, auch Prof. Dr. Benz hat ein “Alleinstellungsmerkmal”, das ihn auszeichnet. Es ist sein Unwissen über den Antisemitismus. Aber bei der Islamophobie, da kennt er sich aus.

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