Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

30.03.2010   08:02   +Feedback

Berlin unterwegs nach Malmö

Berlin, Ende März 2010:

Zwei junge Frauen und ein Mann in der U-Bahn werden von einem ‚südländisch’ aussehenden Mann gefragt, ob sie ‚Juden’ seien. Als die jungen Leute dies bejahen, holt der Frager weitere Bekannte hinzu. Am U-Bahnhof Güntzelstraße schlagen sie dem jungen Mann eine Flasche über den Kopf und den Frauen ins Gesicht. Die Täter flüchten. Der Staatsschutz ermittelt. Und die jüdische Gemeinde ist besorgt:

“Die Zunahme tätlicher Gewalt im öffentlichen Raum, die von jugendlichen Schlägergruppen ausgeht, ist allgemein beängstigend. Dass die gegen vermeintliche oder tatsächliche Juden gerichtete Gewalt immer häufiger von Jugendlichen aus dem Zuwandererkreis ausgeht, ist ein weiteres Alarmsignal. Es ist dringend nötig, die Ursachen und Auswirkungen von Antisemitismus, besonders unter jungen Türken und Arabern, endlich konkret zu erfassen und ihnen mit aller Kraft entgegenzusteuern.”

Das, was Levi Salomon, Beauftragter für die Bekämpfung des Antisemitismus der Berliner jüdischen Gemeinde “allgemein beängstigend” findet, ist ein wenig weiter nördlich, in Skandinavien, längst Alltag.

“An norwegischen Schulen bekommen jüdische Schüler gelbe Sterne auf den Rücken geklebt und müssen hören, dass „alle Juden erschossen“ gehören, ohne dass die Lehrer eingreifen. Aus Malmö sind im letzten Jahr 30 jüdische Familien ausgewandert, weil ihnen die ständigen Schikanen, denen sie ausgesetzt waren, zu viel wurden. In ganz Skandinavien klagen die jüdischen Gemeinden über zunehmende Übergriffe und dass die Verantwortlichen das Problem ignorieren.”

Die norwegische Unterrichtsministerin Kristin Halvorsen zeigte sich überrascht über das Ausmaß des „inakzeptablen“ Rassismus, wies aber Vorwürfe zurück, dass sie durch scharfe israelkritische Aussagen solche Übergriffe legitimiert habe: „Was man von Israels Politik hält und das Schikanieren von Juden haben nichts miteinander zu tun.“

Denn die Hetze gegen Israel, das ist politisch korrekter Antizionismus, während das “Schikanieren von Juden” zum antisemitischen Repertoire des Pöbels gehört, der sich gegen alle Umerziehungsbemühungen sozialdemokratischer Erziehungsdiktaturen als immun erweist. In Schweden, in Norwegen und inzwischen auch in Berlin. Mögen die “Antizionisten”, die sich so gerne mit ihren jüdischen Freunden schmücken, und seien es nur der durchgeknallte Rabbi Fiedman aus Wien und die Irren der Naturei Karta, selber daran glauben, ihr “Antizionismus” habe nichts mit Antisemitismus zu tun, bei den Konsumenten kommt die Botschaft anders an: Wenn sie schon an die Zionisten nicht rankommen, dann halten sie sich an paar Juden schadlos, die sie in der U-Bahn finden. Derweil Prof. Dr. Unrat vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung damit fortfährt, nach strukturellen Parallelen zwischen dem Antisemitismus und der “Islamophobie” zu suchen. Und ein Duisburger Lampenputzer erklärt, der Holocaust dürfe sich nicht wiederholen, allerdings dürfe die Wiedergutmachung nicht auf dem Rücken der Palästinenser stattfinden.
Das öffentlich subventionierte Treiben des Berliner Professors und die grenzdebilen Statements des Duisburger Ehrenpalästinensers sind die Begleitmusik des Antisemitismus, der sich mit dem Antizionismus nur ein Alibi geschaffen hat. Oder, wie es die norwegische Erziehungsministerin sagt: „Was man von Israels Politik hält und das Schikanieren von Juden haben nichts miteinander zu tun.“

Siehe auch: Beleidigungen und Schläge
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Polizei-Justiz-Juedische-Gemeinde-Uebergriffe;art126,3070204

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