Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

11.08.2010   09:23   +Feedback

Kleine Brötchen, große Taschen

Sollten Archäologen irgendwann die Überreste der Bunten Republik Deutschland ausgraben, werden sie einiges finden, das ihnen Kopfzerbrechen bereiten wird. Zum Beispiel die Geschichte einer staatlich finanzierten Treberhilfe, deren Chef mit einem Maseratti zur Arbeit rollt, weil ein VW Phaeton oder ein BMW X5 M unter seiner Würde wäre. Oder einen Parteivorsitzenden, der es den Reichen nehmen und den Armen geben wolte, selber aber mit beiden Armen bis zu den Ellenbogen in jeden Topf griff, der an ihm vorbeirollte. Und wenn er dann dem Fernsehen ein Sommer-Interview gab, in dem er wieder einmal forderte, die Reichen zugunsten der Armen zur Kasse zu bitten, dann positionierte er sich nicht vor seiner eigenen Hütte, sondern vor der eines Nachbarn und liess hinterher seine Pressesprecherin erklären, warum das sein musste: “Das Sommerinterview, das das ZDF vor zwei Wochen ausstrahlte, wurde nämlich nicht vor Ernsts zweistöckiger Hütte aufgezeichnet, sondern vor der deutlich kleineren «Ranhartalm» in der Nachbarschaft. Sollte dadurch etwa der Lebenswandel des Parteichefs als besonders bescheiden dargestellt werden? Diesen Verdacht wies eine Parteisprecherin zurück und nannte einen pragmatischen Grund für den Ortswechsel: In Ernsts Hütte gebe es keinen Strom für die Fernsehkameras.” Bingo, und wenn der Mann aufs Klo musste, dann machte er entweder in die Büsche oder ging ins nächste Wirtshaus.
Total aus dem Häuschen werden die Archäologen aber geraten, wenn sie ein T-Shirt mit dem Aufdruck finden: ““Der Bäcker vom Bundespräsidenten kommt aus Hannover und heißt Jochen”; sie werden sich fragen, was das heisst und dann herausfinden, dass der neue Bundespräsident die alte Tradition des Königlichen Hoflieferanten wiederbelebt hat: Er liess sich seine Brötchen von seinem Lieblingsbäcker Jochen Gaues von Hannover nach Berlin liefern.
Und dann werden sie sich über nichts mehr wundern. Nicht einmal darüber, dass die Chefin einer gebührenfinanzierten Rundfunkanstalt über 300.000.- Euro im Jahr verdiente, die Sachleistungen (Auto, Handy) nicht mitgerechnet.

 

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