Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

20.07.2010   20:02   +Feedback

Singapore a la carte - 4

Von westlichen Besuchern wird Singapur oft als “schön aber steril” beschrieben. Soll heissen: Es gibt keine Slums, keine zugemüllten Grundstücke, keine No-Go-Areas deren Besuch einer Mutprobe gleichkommt, mit der man später am Stammtisch angeben kann. Singapur ist so sauber, dass sich der Besucher immerzu fragen muss: Bin ich wirklich im Fernen Osten? 
Verglichen mit der ehemaligen britischen Kronkolonie erscheinen Städte wie Berlin oder Bombay wie bewohnte Mülldeponien. Undenkbar, dass in einem öffentlichen Park gegrillt wird, noch undenkbarer, dass die Griller ihren Abfall einfach liegen lassen. Das liegt an einer Regelung, die Corrective Work Order (CWO) heisst: Wer auch nur eine Zigarettenkippe wegwirft, muss nicht nur mit einer Geldstrafe sondern auch damit rechnen, dass er anschließend die Straßen fegen muss, erkennbar an einer knallgelben fluoreszierenden Weste mit den Buchstaben CWO drauf. Das ist eine Tätigkeit, bei der niemand von seinen Nachbarn oder Arbeitskollegen gesehen werden möchte, also wird er sich hüten, auch nur einen Busfahrschein außerhalb eines Mülleimers zu entsorgen.
Schon möglich, dass damit ein paar Freiheiten, die vor allem in Köln, Neukölln und Duisburg-Marxloh intensiv gelebt werden, zu kurz kommen, der allgemeinen Lebensqualität kommt dies aber zugute.

PS.
Der legendäre Singapore Sling ist eine süsslich-klebrig-liquide Zumutung, die noch schlechter schmeckt als sie aussieht. Und die Long Bar im “Raffles” ist der einzige Ort der Stadt, den sie meiden sollten. Die Inneneinrichtung erinnert an koloniale Zeiten und passt gar nicht zu dem Publikum, das in den Ratan-Sitzen lümmet und nur darauf wartet,  dass sich zwei Briten eine um die Barfrau prügeln. Außerdem kostet der Sling 30.- Singapore $, das sind fast 20.- Euro. Und dafür bekommen zwei Leute schon ein ordentliches Essen in einer der vielen kleinen Garküchen hinter dem Raffles.

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