Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

17.07.2010   13:28   +Feedback

Ein Herz für Killer

Wie wir heute erfahren haben, ist der Münchner Dominik Brunner nicht an den Folgen der Hiebe und Tritte gestorben, die ihm zwei jugendliche Soziopathen zugefügt haben, sondern an Herzversagen. Das dürfte sich mildernd auf die Strafe auswirken, denn die beiden konnten ja nicht wissen, dass Brunner ein schwaches Herz hatte.

Als ich diese Meldung las, hatte ich ein Deja-vu, es kam mir vor, als hätte ich die Geschichte schon einmal gelesen. Und zwar im Vorwort zur Paperback-Ausgabe der “Kritik der reinen Toleranz”. Ich darf zitieren:

“Nach dem Ableben eines deutschen Bauingenieurs, der von den Taliban als Geisel genommen wurde, trat Außenminister Steinmeier vor die Presse und sagte: »Wir müssen davon ausgehen, dass einer der entführten Deutschen in der Geiselhaft verstorben ist. Nichts deutet darauf hin, dass er ermordet wurde, alles weist darauf hin, dass er den Strapazen erlegen ist, die ihm seine Entführer auferlegt haben.« Der 44 Jahre alte Mann war sozusagen eines natürlichen Todes gestorben. Vielleicht hatte er was mit dem Herzen, war unsportlich oder hat das Klima nicht vertragen – tagsüber extreme Hitze, nachts klirrende Kälte. Da kann man schon mal kollabieren und den Geist aufgeben. Dass die Leiche »Schussverletzungen« aufwies, war kein Indiz dafür, dass der Bauingenieur ermordet wurde; es hätte ja sein können, dass er schon tot war, als die Kugeln abgefeuert wurden, den Strapazen erlegen, »die ihm seine Entführer auferlegt haben«.

Das war im Juli 2007, also vor drei Jahren. Steini hat sich für diese Sätze nie entschuldigt, er spielt immer noch den Staatsmann z.b.V. und schaut so bedeutend aus wie ein Sanitäter, der sich schon auf die nächste Massen-Karambolage bei Breitscheid freut.

Die Mörder des deutschen Bauingenieurs sind nie gefasst worden, obwohl Steini versprochen hatte, dass er alles in seiner Macht Stehende tun würde, um sie einer gerechten Strafe zuzuführen. Die beiden Münchner Schläger sind erwischt worden. Falls sie verurteilt werden, können sie es sich aussuchen, wo sie ihre Strafe absitzen wollen: in Steinis Wahlkreisbüro oder bei einer Al-Kaida-Zelle im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet.


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