Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

09.02.2011   16:53   +Feedback

Sehr geehrte Frau Roth,

ich stehe noch völlig unter der Wirkung eines Gesprächs, das ich gestern mit ihrem Pressesprecher, Dr. Althoff, geführt habe. Er rief mich an, um mir die Order zu erteilen, zwei Texte umzuschreiben, die seiner Ansicht nach “falsche Tatsachenbehauptungen” über Sie enthalten. Meine Frage, warum er nicht, wie in solchen Fällen üblich, eine Gegendarstellung geschickt habe, beantwortete er damit, er sei in Urlaub gewesen. Leider vergass ich zu fragen, wo er Ferien gemacht hat. Ich nehme an, es muss ein Land ohne Internetzugang gewesen sein, Nordkorea vermutlich, sonst hätte er wohl eher reagiert.
Was nun sein Begehren angeht, ich sollte zwei bereits erschienene Texte in seinem Sinne “richtig stellen”, so möchte ich dazu bemerken, dass mir die Methode der retroaktiven Korrektur durchaus vertraut ist. Ich wurde in Katowice geboren, bin in Stalinogrod zur Schule gegangen und habe dann mit meinen Eltern Katowice verlassen, ohne jemals den Wohnort gewechselt zu haben. Später durfte ich erleben, wie NS-Marinerichter mit Todesurteilen im Gepäck zu Widerstandskämpfern umgedichtet wurden. Vor diesem Hintergrund ist das Verlangen ihres Sprechers noch ziemlich harmlos, aber dennoch grenzwertig.
Nun möchte ich, um unser freundschaftliches Verhältnis nicht zu gefährden, Ihnen folgendes Procedere vortschlagen: Ich werde Ihnen bzw. Ihrem Pressesprecher alle Texte, die ich schreibe, zur Autorisierung vorlegen, auch solche, die nichts mit Ihnen oder den Grünen zu tun haben. Im Gegenzug werden Sie Videoclips mit Ihnen erst freigeben, wenn ich sie gesehen und genehmigt habe. Damit so etwas nie wieder passiert. Wehret den Anfängen!

Permanenter Link

Achgut  Bunte Welt  

Die Achse des Guten