Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

28.11.2010   21:37   +Feedback

Deportiert, selektiert, spezialbehandelt

Als Rupert Neudeck vor einiger Zeit nach Israel und “Palästina” reisen wollte, steckte er einen seiner vier Pässe ein und stieg in Stuttgart in einen Urlaubsflieger von Hapag Lloyd. In Tel Aviv angekommen, musste er “drei Stunden alle möglichen Verhöre” über sich “ergehen lassen, von was ich lebe, welchen Beruf ich habe, was ich in Afghanistan tue usw”. Danach schrieb er sich den Schmerz von der Seele: “Israel lässt weiter seine Besucher aus Deutschland ohne Visum hineinkommen, kündigt ihnen aber Spezialbehandlung am Flughafen in Tel Aviv an.” Spezialbehandlung, weniger war nicht drin. Aber er hats nicht bös gemeint, der Menschenfreund, sonst hätte er gleich Sonderbehandlung geschrien.

Als die deutschen Friedensaktivisten und Hamas-Freunde, die an Bord der Mavi Marmara nach Gaza segeln wollten, um dort abgelaufene Medikamente, kaputte Rollstühle und anderen Müll loszuwerden, anders als geplant in Israel an Land gehen mussten, um dort “spezialbehandelt” zu werden, klagten sie nach ihrer Heimkehr, sie seien aus Israel “deportiert” worden. Deportiert, “abgeschoben” wäre nicht genug gewesen. Wie schon die Knallcharge Neudeck hatten sie sowohl die Spezialbehandlung wie die Deportation ohne Blessuren überstanden, taten aber so, als wären sie im letzten Moment von der Rampe gesprungen.

Jetzt hat Juliane von Mittelstaedt die Stadt Safed in Galiläa besucht, wo der örtliche Oberrabbiner dazu aufgerufen hat, keine Zimmer an arabische Stuenten zu vermieten. Das ist nicht nett, so wie es nicht nett ist, dass orthodoxe Juden in Mea Shearim keine Zimmer an säkulare Juden vermieten und dass christliche und moslemische Araber in Jaffo ungern unter einem Dach zusammen leben. Anders als in Berlin, wo sich die Menschen beim Karneval der Kulturen fröhlich mischen und Bürger mit Migrationshintergrund gebeten werden, nach Dahlem und Zehlendorf zu ziehen, gibt es in Israel viele unsichtbare Grenzen. Das muss man nicht gut finden, aber muss man deswegen gleich von “Selektion” sprechen?

“Eli Zvieli hat den Holocaust überlebt. Heute kämpft der 89-jährige Jude in der israelischen Stadt Safed gegen den Rassismus seiner eigenen Landsleute. Ein Oberrabbiner hat dazu aufgerufen, nicht mehr an arabische Studenten zu vermieten. Wer gegen die Selektion verstößt, bekommt die Wut zu spüren.”

Selektion. Weniger geht nicht. So könnte man auch bei DSDS von “Selektion” sprechen. Und werden die Sonderangebote im WSV nicht ebenfalls selektiert? Am Ende bleiben die Ladenhüter am Grabbeltisch liegen, wie früher die Alten, die Kranken und die Schwachen.

Ja, wenn es darum geht, die eigene Geschichte auf dem Rücken ihrer Opfer zu entsorgen, sind die Deutschen mit Herz und Seele dabei. Sie lassen es krachen. Da wird deportiert, selektiert und spezialbehandelt, so lange, bis aus dem Hakenkreuz der Davidstern wird.

Der Vorspann zu der Safed-Geschichte wurde korrigiert. Jetzt steht da: “Eli Zvieli hat den Holocaust überlebt. Heute widersetzt sich der 89-jährige Jude in der israelischen Stadt Safed Landsleuten, die Araber diskriminieren. Denn ein Oberrabbiner hat dazu aufgerufen, nicht mehr an arabische Studenten zu vermieten.”

Na bitte, geht doch.

Aus dem Forum
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“Toller Typ! Kann man nicht anders sagen. Es muss echt furchtbar sein, den Holocaust zu überleben, um jetzt zu erleben, wie ähnlich, natürlich in kleinerem Maße, mit einer anderen Gruppe umgegangen wird. Wäre schön, wenn ale Israelis so denken würden.”

“Solch mutige Personen wie Eli Zvieli und Alfred Grosser, die mit ihrer Meinung gegenüber Israels Politik nicht hinterm Berg halten, gibt es leider noch zu wenige. Israel sollte erkennen, dass auch sie sich im Gesellschaftssystem einzureihen haben und keine Sonderrechte aus der Historie für sich in Anspruch nehmen können.”

“Aber genau solches Verhalten gab es gegenüber den Juden in Deutschland vor den Massenmorden. Da durfte ein alter Jude in der Straßenbahn auch nicht sitzen. Meine Mutti hat sich in einer Art von einem Stillen Protest zu ihn gestellt.”

“Traurig, das diese Fanatiker aus der Holocaust-Erfahrung und dem “Rassenwahn” überhaupt nichts gelernt haben. Peinlich für die Gilde der Rabiner ist, daß in ihren Reihen solche Wirrköpfe ihr Amt bekleiden dürfen.”

“Es ist schrecklich, dass gerade die Nachfahren deren, die unter Rassismus am schlimmsten litten jetzt selbst Rassistisch geworden sind.”

“Den Juden wurde besonders in Deutschland großes Unrecht angetan, was niemals gutzumachen ist und nicht vergessen werden darf. Aber gerade dadurch sollten die Juden sich nachhaltig für Menschenrechte einsetzen. In sofern machen sie sich selbst besonders SCHULDIG, wenn man so mit anderen Menschen umgeht…”

“Die Tragik des Holocausts rechtfertigt nicht für alle Zeiten beliebiges Verhalten-schon gar nicht solches, was den Anfängen der Nazi-Greuel zu nahe kommt!”

“Leider keine neue Erkentniss, sondern eine gut 60 Jahre alte, ergänzt durch Landraub, Wasserraub, illegale Besiedlung, Enteignung, Ghettoisierung, Vertreibung, gezielte Tötungen und Unterdrückung von Millionen Palästinensern incl. militärishe Agrssion gegen nahezu alle Nachbarn bis hin zur Bedrohung des Irans.”

“Die Israelis haben ihre Chance bekommen einen eigenen Staat zu gründen und etwas Positives draus zu machen, aber eigentlich machen sie nicht viel anders als ihre einstigen Verfolger. Sie sperren Palästinenser in riesige Ghettos (Gaza), sorgen für gezielte Tötungen von unerwünschten Personen, schüren Hass gegenüber einer Minderheit (traurig wie sehr sich Sätze wie “Vermietet nicht an Araber” und “Kauft nicht bei Juden” ähneln). Ich habe selber einige jüdische Freunde, die leben aber in Deutschland über Europa verstreut und die bereuen nicht, dass sie Israel den Rücken gekehrt haben.”

“Geschichte wiederholt sich. Der Vergleich schmerzt - aber er ist angebracht! Es kann und darf nicht angehen, dass sich der Staat Israel in seinen Handlungen, Äußerungen und Gedanken an die nationalsozialistische Ideologie der deutschen Nazis auch nur annähert! Wehret den Anfängen - auch in Israel selbst gilt das im Innern!”

“Ob diesen Israelis eigentlich bewusst ist, dass sie es sind, die den Judenhass schüren? Ein bisschen Intelligenz voraussgetzt scheint es so, also ob diese Leute das absichtlich tun, um nachher zu sagen: ‘Schaut, alle sind gegen die Juden’. Wird sowas eigentlich mal vom Zentralrat der Juden kommentiert?”

“Wenn in Deutschland jemand Hunden, Schweinen und Arabern das Sitzen auf einer Bank verbieten würde, hätte er zu Recht sehr schnell die Staatsanwaltschaft auf dem Hals. Der israelische Bürgermeister dagegen verteidigt im Ergebnis diesen Rassismus. Wenn Sie den Unterschied nicht erkennen können, tun Sie mir nur leid.”

“Es wird Zeit, das man diesem Regime mal richtig auf die Finger klopft. Was die sich da erlauben ist unter aller Sau! Die nehmen sich alles und erlauben sich alles und die ganze Welt schaut zu (siehe Palästina-Karte) und jeder der Israel kritisiert, wird gleich als Antisemit abgestempelt.”

“1933 war Deutschland auch eine Demokratie. Nur gab es in den dreizigern nicht genug aufrechte Menschen, die aufgestanden sind wie Herr Zvieli Hoffen wir, dass die Israelies zur Vernunft zurück finden.”

“Den Schuh ‘dein Großvater ist mit 19 Jahren in Russland gefallen, daher bist du Täter’ lass ich mir von niemanden mehr anziehen. Und darum bekommt jeder seinen Stolperstein vor die Tür, ob er will oder nicht! Und wenn jemand ein Arschloch ist, dann sag ich ihm das auch! Und wenn jemand ein Rassist ist, dann sag ich ihm das auch! Egal ob in Bayern oder in Israel!”

“Und gerade die Deutschen haben das Recht und auch die Pflicht solche politischen Entwicklungen anzumahnen. Denn dieses Land kennt die Vorboten der Greuel und das Elend, in das dieser Pfad des Hasses führt. Nur hatte Hitler damals keine Atombomben.”

“Am schockierendsten ist jedoch folgendes: “Auf Bänken in Safed steht: “Sitzen für Hunde, Schweine und Araber verboten”.”

“Am schockierendsten ist jedoch folgendes: “Auf Bänken in Safed steht: Sitzen für Hunde, Schweine und Araber verboten!”. Wenn das wirklich stimmen sollte und dies eine offizielle Beschriftung ist (keine Kritzelei), fällt mir dazu nichts mehr ein, ich fühle mich in finsterste Zeiten vor einem 3/4 Jahrhundert in Deutschland zurückversetzt. Beängstigend.”

“Wenn das ‘Sitzen für Hunde, Schweine und Araber’ verboten wird, wenn man an Araber nicht vermieten darf, wenn Geschäftskontakte mit Arabern gesellschaftlich bestraft werden, wenn Menschen wie Herr Zvieli bedroht werden, dann drängt sich der Vergleich mit Deutschland Anfang der Dreißiger Jahre gerade zu auf. Da können manche Foristen hier zetern wie sie wollen. Wir brauchen mehr Menschen wie Herrn Zvieli! Für die beschriebenen Zustände gibt es keine Entschuldigung! Shoah hin, Terror und Intifada her.”

“Mir tut Eli Zvieli leid. Gerade als Überlebender miterleben zu müssen, wie sich dieser prägende Teil der eigenen Geschichte wiederholt. Wieder spielt der „Judenstern“ eine tragende Rolle, nur das diesmal diejenigen diskriminiert werden, die keinen tragen. Da verpufft dann jede Überzeugung der moralischen Überlegenheit gegenüber den Nazis, die damals vielleicht die Triebfeder für das eigene Überleben war. Auf der anderen Seite ist der Zionismus immer ein Bestandteil des Staates Israel gewesen. Seit der Ermordung von Rabin brechen diese braunen Wurzeln leider immer stärker hervor, denen der liberal/bürgerliche Teil offensichtlich nichts entgegenzusetzen hat. Konnte Zvieli früher diese Tendenzen ignorieren und von seinem Israel träumen, ist er halt mittlerweile in die Schusslinie der braunen Horden geraten. Der Staat Israel hat ein großes Problem, welches auch mal ganz böse enden wird, wenn die Anständigen und Gerechten unter den Israelis nicht bald gegensteuern.”

“Ich bin Jahrgang 1961 und habe mit dem ganzen Judenhaß nur insoweit zu tun, daß es die Aufgabe meiner Generation ist, ein erneutes Dutzendjähriges Reich zu verhindern.
Übrigens - EGAL WO !!!”

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