Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

14.05.2011   00:49   +Feedback

Osamas vergessene Opfer

Ich sitze in Vik, 200 km östlich von Reykjavik, an der isländischen Sonnenküste und freue mich, dass es um halb elf Uhr noch so hell ist, dass man eine Zeitung im Freien lesen kann. Das Wetter ist großartig, die “islendiga Kjötsupa” bei Vikurskani jede Anreise wert, und eben habe ich von einer jungen Deutschen, die in Island lebt, den Satz gehört: “Ich such mir den Job, egal wo!” Bevor sie nach Island kam, hat sie in Australien und Neuseeland gearbeitet, demnächst geht sie nach Schottland.

Es war ein rundum schöner Tag. Morgen werden wir Einar in Hella treffen und später Gottesbeweise bei Vegamot bestaunen. In Island bzw. auf Island kann man schnell vergessen, dass da draußen lauter Irre rumlaufen, die bei Vitello Tonnato und Château Montrose darüber klagen, dass die Amis Osama Bin Laden “kaltblütig” umgelegt haben, statt ihn festzunehmen und vor ein Gericht zu stellen, vorzugsweise ein deutsches und am besten das, das Demjanjuk soeben dazu verurteilt hat, seinen Lebensabend in einem Alterheim zu verbringen.

Und wie es der Genosse Zufall will, stolpere ich über einen Text auf der CNN-Homepage: “Bin Laden’s other victims: Stories from decades of terror”, in dem die Anschläge aufgezählt werden, bei denen Osama s.A. seine Finger drin hatte. Das sind natürlich weitgehend unbewiesene Vermutungen und Spekulationen, denn es gibt weder eine Mitgliedskarte, die Osamas Mitgliedschaft bei Al-Kaida belegt, noch hat man ihn bei jemals in flagranti erwischt. 

Aber wenn man diesen Text auf der CNN-Homepage gelesen hat, dann möchte man doch die Osama-Fans in Deutschland zuerst in den dekadenten Arsch treten und dann fragen: Habt Ihr sie noch alle? Der alerte Gartenlauben-Philosoph Precht, der Kreuzberger Gruftie Ströbele, die wuschelige Frau Däubler-Gmelin, der postsenile Herr Alt.

Na ja. Das alles mitbekommen und durchgehalten zu haben, und dabei - abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen - anständig geblieben zu sein, das hat sie hart gemacht, die deutschen Gutmenschen. Dies ist ein niemals geschriebenes und noch zu schreibendes Ruhmesblatt ihrer Geschichte,

 

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