Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

27.03.2011   14:10   +Feedback

Alt, älter, Franz Alt

Typisch für die innere Verfassung der Bundesrepublik sind nicht der Musikantenstadl, das Oktoberfest oder die Ziehung der Lottozahlen am Wochenende, typisch ist der Personalmangel, der sich überall bemerkbar macht. Das fängt bei den Lehrlingen in der Gastronomie an und hört bei den Politikern noch lange nicht auf.

Wenn ein Mann wie Stefan Mappus, die Fleisch gewordene Dampfnudel, Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden konnte, dann hat der sozio-kulturelle Supergau in Deutschland längst stattgefunden. Wie dünn die Personaldecke ist, merkt man an der Zusammensetzung der Talk-Shows. Es sind immer wieder dieselben Mumien, die zum Leben erweckt werden. Gestern bin ich bei Maischberger reingezappt, weil ich die Erstsendung am Dienstag verpasst habe. Und wen sehe ich da? Jürgen Todenhöfer. Er war in Libyen und führte bei Maischberger Videos vor, die jemand aus seiner Entourage gemacht hatte. Dabei erzählte Todenhöfer, wie ein libyscher Freund von ihm beim Beschuss durch Gaddafis Truppen getötet wurde. Das war in der Tat bewegend - bis Frau Maischberger auf Todenhöfers neues Buch zu sprechen kam, das zufällig vor ihr auf dem Tisch lag, und dazu bemerkte, Todenhöfer wäre gerade auf einer Lesetour. Das heisst, die Libyen-Geschichte, der Tod des libyschen Freundes war nur das Vorspiel zur Buchwerbung.

Denn im Mittelpunkt des Universums von Jürgen Todenhöfer steht Jürgen Todenhöfer, der darunter leidet, dass rund um ihn Menschen darben, hungern und sterben. Er leidet stellvertretend für alle anderen und lässt alle an seinem Leiden teilhaben. Der tote Libyer wird bald vergessen sein, aber Todenhöfer wird weiter leiden. Denn er leidet gern, vor allem, wenn er darüber reden kann wie Margot Käßmann über ihre Begegnungen mit Gott.

Und was die 6.3 Millionen Libyer angeht, die er gerne zu Maischberger mitgenommen hätte, wenn das Studio nicht so klein und kuschelig wäre: Die sollen sehen, wie sie mit Gaddafi fertig werden. Denn Todenhöfer leidet zwar mit den Libyern, aber er ist gegen eine militärische Intervention. Statt dessen empfiehlt er, der französische Präsident und der Generalsekretär der UN sollten nach Bengasi fahren und damit ein Zeichen der Solidarität mit den Freiheitskämpfern setzen, worauf Gaddafi sofort den Beschuss der Rebellen-Stellungen einstellen und sich in Grund und Boden schämen würde.

So wie Todenhöfer war auch Franz Alt drauf, der uns seit Jahrzehnten den Weltuntergang verspricht, den wir nur abwenden können, wenn wir auf Franz Alt hören. Und der auf uns einredet, dass wir der Gewalt nur beikommen, wenn wir auf Gegengewalt verzichten, denn das erzeuge nur noch mehr Gewalt. So betrachtet hätten die Alliierten die Nazis gewähren lassen sollen, was immerhin den Vorteil gehabt hätte, dass Franz Alt niemals zur Friedensbewegung gestoßen wäre.

Alles, was man über diesen Konrad Kujau der Nächstenliebe wissen muss, hat Wolfgang Röhl an dieser Stelle bereits gesagt. Jetzt warten wir darauf, wo er das nächste Mal einschlägt: Bei Beckmann, Illner oder vor dem Famiiengericht.

Permanenter Link

Achgut  Inland  Kultur  

Die Achse des Guten