Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

10.03.2011   20:11   +Feedback

Amigos im Vollrausch

Man weiss in einem Hotel nie, neben wem man morgens aufwacht. Ich habe heute früh einen Supergau erlebt. Und das kam so:
Gestern abend hatte ich eine Lesung im Hambuger Literaturhaus. Normalerweise mache ich so was nie an einem Mittwoch, wegen “Desperate Housewives” auf PRO 7. Diesmal habe ich eine Ausnahme gemacht. Viertel nach Neun war beides vorbei, meine Lesung und die letzte Folge der verzweifelten Hausfrauen in der Wisteria Lane.

Ich dackelte zurück in mein Hotel in der Langen Reihe, stellte den Wecker auf 3 Uhr und legte mich schlafen. Um Drei werden die “Desperate Housewives” wiederholt, am Stück und ohne Werbung. Es war ein grandioses Finale der letzten Staffel, das mit einer Massenschlägerei endete. Viertel vor Vier machte ich das Fernsehen aus und legte mich wieder schlafen, fest entschlossen, nicht vor Zwölf aufzustehen. Es hätte geklappt, wenn ich nicht vergessen hätte, mein Handy auszuschalten. Es klingelte kurz nach Zehn, ich hatte keine Ahnung, wo ich war, in der Wisteria Lane, in der Langen Reihe oder in der Rehaklinik Kandertal in Malsburg-Marzell.

Ich zog mir was über und wankte in die Rezeption. Was ich da sah, haute mir den Boden unter den Füßen weg. Eine kleine Staffelei, auf der zwei Bücher präsentiert wurden. “Entweder Broder” von Hamed und mir und daneben auf Tuchfühlung ein Taschenbuch von Ilija Trojanow. Wie konnte so etwas passieren? “Herr Trojanow liest heute im Literaturhaus, dort wo Sie gestern gelesen haben”, sagte die Rezeptionistin. (Siehe Foto der Woche)

Wo ich schon mal auf war, beschloss ich, das Beste draus zu machen und den Tag früh anzufangen. Ich suchte mir einen freien Tisch in der Nähe des Büffetts, liess mir einen Tee bringen und schlug die FAZ auf. Ich suchte nach einer Erklärung des PEN-Zentrums zur Lage in Libyen, einem Leserbrief der Tochter zur humanitären Katastrophe an der Elfenbeinküste oder einem Bekennerschreiben des Ghostwriters von Karl-Theodor. Was ich fand, war noch besser: Eine Besprechung von Bahners Buch “Die Panikmacher”, geschrieben von - Sie ahnen es! - Ilija Trojanow.

Meine Laune besserte sich schlagartig. Dafür hatte sich das frühe Aufstehen gelohnt. Bahners lässt sein Buch in seinem Feuilleton von einer seiner Schranzen besprechen. Das ist Qualitätsjournalismus! - Schirrmacher muss gerade auf Dienstreise sein. Die Katze ist außer Haus und daheim tanzen die Mäuse auf den Tischen.

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