Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

20.02.2011   23:25   +Feedback

Nerds unter sich

Können Sie sich noch an Monty Schädel erinnern, eine besonders charismatische Figur der Friedensbewegung? Während des G-8-Gipfels in Heiligendamm war er jeden Tag im Fernsehen zu sehen, wo er über den Frontverlauf und der Stand der Kämpfe berichtete. Er war, so die taz, einer der beiden “Einsatzleiter”. Bei den Krawallen wurden über 300 Polizisten verletzt, 3o von ihnen schwer. “Die Autonomen schlagen alles kurz und klein, was sich ihnen in den Weg stellt”, sagte ein Polizeisprecher. “Monty” dagegen gab der Polizei die Schuld. “Sie hat nicht zur Deeskalation beigetragen”, erklärte er; die Präsenz der Polizei habe die Eskalation in Gang gesetzt.

Nachdem vier Jugendlche mit Migrationshintergrund im Alter zwischen 14 und 17 Jahren einen Mann im U-Bahnhof Berlin-Lichtenberg bewusstlos geprügelt hatten, gaben sie beim ersten Verhör an, der 30jährige habe sie durch “Sieg-Heil”-Rufe “provoziert”. Sie hatten zwar wenig gelernt, aber immerhin mitbekommen, dass man als Aktivist der “Antifa” mit gutem Gewissen zuschlagen und zutreten kann, bis sich das Opfer nicht mehr rührt. 

Ob man also Bullen platt macht oder einen Passanten ins Koma schickt, man muss sich nur “provoziert” gefühlt haben, um akuten Handlungsbedarf reklamieren zu können. Darauf sind inzwischen auch Angehörige der Gebildeten Stände gekommen; wehe, wenn sie provoziert werden!

Wie die beiden Londoner Nerds, die schon im Vorfeld der Debatte mit Sarrazin, Karasek, Kisilkaya und mir an der LSE mit “über 100 deutschen Studenten und Akademikern in Großbritannien” aktiv wurden, provoziert durch Sarrazins und meine Äußerungen: “Schließlich fördere Broders ‘Hurra, wir kapitulieren!’, das vor dem Einknicken gegenüber einer angeblichen Islamisierung Europas warnt, genau wie Sarrazins ‘Deutschland schafft sich ab’, Misstrauen und Spaltung statt Verständigung, während ernsthafte Vorschläge zur Behebung sozialer Missstände ausbleiben.”

Früher sind mit solchen Begründungen Abweichler aus den kommunistischen Massenorganisationen ausgeschlossen worden. Heute wollen deutsche Studenten und Akademiker in Großbritannien nur solche Diskussionen zulassen, die “ernsthafte Vorschläge zur Behebung sozialer Missstände” anbieten. Wobei das eigentlich der Job der Akademiker wäre, den sie auch gerne erledigen würden, wenn sie sich nicht um die wenigen freien Stellen an akademischen Einrichtungen balgen müssten.

Man kann es auch so sagen: Jede Diskussion ist gut, bei der alle Teilnehmer eine Meinung vertreten. Spalter, die Misstrauen säen, würden nur den Prozess der Verständigung stören. So hat man in der SU diskutiert und gewählt, und so würden es die akademischen Dünnbrettbohrer von heute gerne halten.

Aber natürlich kommt es auch darauf an, wer da reden möchte. Für einen drittklassigen Akademiker, der sich als jüdischer Antisemit, Antizionist, Hamas- und Hisbollahversteher einen Namen gemacht hat, gelten natürlich andere Regeln als für Sarrazin und mich. Und deswegen hat sich Ali Fathollah-Nejad, einer der “über 100 deutschen Studenten und Akademiker in Großbritannien”, massiv für Norman Finkelstein eingesetzt, dessen einzige Qualifikation, zum Thema “Palästina” zu sprechen, darin liegt, dass er ein “Nachkomme von Holocaust-Überlebenden” ist. Aber für Ali Fathollah-Nejad ist das mehr als genug.

Ja, von diesem Nerd mit einem MA in European Studies könnte sogar Monty Schädel noch was lernen.

Siehe auch:
Ein paar Anmerkungen zu Ali Fathollah-Nejad’s publizistischer Kampagne
http://www.wadinet.de/blog/?p=927

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