Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

29.07.2011   15:07   +Feedback

Liebe achgut-Leser,

unsere Leserin Angelika E. hat uns die folgende Mail geschickt:

“Lieber Herr Broder, liebes Achgut-Team,

beim Lesen der vielen “Es brodelt”- Leserbriefe entsteht mir der Eindruck, als ob nur solche Leser-Mails abgedruckt würden, die entweder möglichst unflätig beschimpfen oder furchtsam zitternd nach einer Selbstzensur der Islamkritik verlangen, damit die Kinder unserer Gesellschaft auch in Zukunft in vermeintlicher Sicherheit leben könnten, die nach Ansicht mancher Leute offenbar nur durch Appeasement und ‘Unter-den-Teppich-Kehren der Probleme’ erhalten werden könne. Das kann doch nicht alles sein, was Sie zur Zeit an Leserbriefen erhalten? Es muss doch auch nachdenklichere Stimmen geben, die nicht sofort unreflektiert von geistiger Brandstiftung Ihrerseits sprechen. Warum enthalten Sie uns diese Stimmen vor?”

Nein, das ist in der Tat nicht alles, was wir derzeit an Briefen erhalten. Die Frage, warum wir nur die “Hatemail” online stellen, ist vollkommen berechtigt. Es ist so:

Bis vor kurzem haben wir etwa eine “Hatemail” pro Woche bekommen, meistens war es der übliche antisemitische Dreck. Jetzt ist es etwa eine pro Tag, wie z.B. diese hier. Klingt nach viel mehr, ist es aber nicht, denn gleichzeitig hat sich der ganze Posteingang etwa verzehnfacht. Auf jede “Hatemail” kommen etwa 10 bis 12 freundliche und herzliche Zuschriften, in denen wir aufgefordert werden, weiter zu machen und uns nicht einschüchtern zu lassen. Einige wenige Briefe, die Bezug zu Beiträgen haben, stellen unter der Rubrik “Leserbriefe” online. Die Sympathiepost, die unsere Herzen wärmt, behalten wir für uns. Unsere professionelle Bescheidenheit verbietet es uns, damit anzugeben.

Dass wir dagegen die fiesen Briefe gebündelt auf die HP stellen, hat einen einfachen Grund. Der Pathologe interessiert sich nicht gesunde Leichen, er sucht nach Karzinomen. Der Kriminalist jagt Diebe und Räuber, nicht Menschen, die sich im Supermarkt brav an die Kasse stellen, um ihren Einkauf zu bezahlen. Und in den Nachrichten wird nur über Flugzeuge berichtet, die auf dem Rücken landen. Eine gelungene, pünktliche Landung ist einfach keine Nachricht. No news - good news.

Die “Durchgeknallten”, die sich vor unserer Tür erleichtern, sind uns natürlich nicht sympathisch, sie sind nur “interessant”, weil sie eben durchgeknallt sind. Früher gab es die “Freakshows” auf den Jahrmärkten, heute gibt es das Internet.

Also, schreiben Sie uns weiter. Wir freuen uns über jede Zuschrift. Und seien Sie uns nicht böse, dass wir nicht jede Mail beantworten. Wir haben entweder alle Hände voll zu tun oder sind mit unserem Morris Traveller unterwegs auf der Suche nach Ersatzteilen.

 

 

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