Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

09.07.2011   15:14   +Feedback

Alles für die Wüste

Geht man dieser Tage in München spazieren, fallen einem die vielen schwarz gekleideten Gestalten in bodenlangen Mänteln auf, die beladen mit Tüten von Armani, Prada,  Dolce & Gabbana die Innenstadt bevölkern. Es sind Frauen aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten, die vor der sommerlichen Hitze in ihrer Heimat in das relativ kühle München fliehen, um preisgünstig das Notwendigste einzukaufen. Die Geschäfte haben sich auf die Kundinnen aus dem Morgenland eingestellt und weisen auf kleinen Schildern an den Eingängen darauf hin, dass in den Läden auch Arabisch gesprochen werde. München, die Weltstadt mit Herz, war schon immer für ihre Gastfreundschaft berühmt.

Was aber machen die dazugehörigen Männer, während ihre Frauen das Geld im Einzelhandel versenken? Sitzen sie an der Bar im Bayerischen Hof und halten Zwiesprache mit Johnny Walker und Jack Daniels? Nein, sie kaufen auch ein. Und zwar das Beste, das Deutschland zu bieten hat: Panzer der Marke Krauss-Maffei.

Der Bundessicherheitsrat unter dem Vorsitz der Bundeskanzlerin soll den Verkauf von 200 “Leoparden” an Saudi-Arabien bereits gebilligt haben. Worauf sich umgehend allerlei Bedenkenträger zu Wort meldeten: Die Saudis würden mit ihrem Geld islamistische Kräfte in Deutschland unterstützen, Menschenrechte missachten, Todes- und Prügelstrafen vollstrecken und die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit mit den Füßen treten. Das alles stimmt und ist lange bekannt. Unklar ist nur, warum es als Argument gegen das Panzer-Geschäft in Stellung gebracht wird.

Weil Deutschland inzwischen eine Friedensmacht ist? Wirtschaftspolitisch bedeutet das wenig. Deutschland steigt aus der Atomkraft aus, setzt aber den Export deutscher Atomtechnologie fort. So läuft es auch mit anderen deutschen High-Tech-Produkten. Nur weil in der Bundesrepublik die Wehrpflicht abgeschafft wurde, werden weder Krauss-Maffei noch Heckler & Koch ihre Produktion einstellen. Die Kugel, mit der Bin-Laden erschossen wurde, kam aus einer deutschen Pistole.

Bleibt nur die Frage: Wie würden die Friedensfreunde reagieren, wenn Deutschland statt Panzer und Pistolen Windräder und Solaranlagen nach Saudi-Arabien liefern würde?

Die Weltwoche, 7.7.11

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