Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

23.06.2011   18:17   +Feedback

Lieber Auto als Pass!

Will ein «Mi­grant», der in Deutschland lebt, eingebürgert werden, muss er sich ­einem Test unterziehen. Der besteht aus 33 Fragen aus einem Katalog von 310 Fragen, von denen 17 richtig beantwortet werden müssen. Etwa: «Welches Recht gehört zu den Grundrechten in Deutschland? a) Waffenbesitz, b) Faustrecht, c) Meinungsfreiheit, d) Selbst­justiz.» Oder: «Wie heisst die deutsche Ver­fassung? a) Volksgesetz, b) Bundesgesetz, ­ c) Deutsches Gesetz, d) Grundgesetz.»

Man kann nicht behaupten, der Test sei eine Schikane, dazu bestimmt, die Kandidaten abzuschrecken. Wer weiss, wo man das Kindergeld abholen kann, sollte auch wissen, ob die Bundesrepublik eine Republik, eine Diktatur oder eine Monarchie ist. Nun bekommt die Diskussion um die Einbürgerung einen neuen Dreh. Es sieht so aus, als wäre nicht der Test das Problem, sondern die mangelnde Bereitschaft der «Migranten», sich einbürgern zu lassen.

In Berlin haben im vergangenen Jahr nur 5537 «Bürger mit Migrationshintergrund» einen deutschen Pass bekommen, zwölf Prozent weniger als im Jahr zuvor. Und das, obwohl der Berliner Senat jahrelang mit Anzeigen in der bei Berliner Türken beliebten Tageszeitung Hürriyet für die Einbürgerung geworben hatte. Dass die Kampagne nicht die erhoffte Wirkung zeigte, lag an den «Voraussetzungen», die «von vielen als zu eng empfunden werden», so der Berliner Tagesspiegel. Die Antragsteller sollten «nicht dauerhaft» Sozialleistungen beziehen und über ein «ausreichendes Einkommen» verfügen. Allein diese beiden Bedingungen wurden von vielen offenbar bereits als Zumutung empfunden. Hinzu kamen die Kosten des Einbürgerungsverfahrens, ­einige hundert Euro.

«Das ist mir einfach zu teuer, und es bringt mir nichts», sagt Cem, der in München ein kleines Café betreibt. Er wurde vor dreissig Jahren in Deutschland geboren und bezeichnet sich als «völlig integriert». Seine grosse Leidenschaft sind schnelle Autos. Vor seinem Café steht ein weisses viertüriges Sportcoupé von Mercedes mit 600 PS, das neu etwa 150 000 Euro kostet. Cem hat es als «Jahreswagen» mit Rabatt bekommen. Ohne den Mercedes mag er nicht leben, ohne einen deutschen Pass schon.

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