Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

14.10.2011   04:19   +Feedback

Dichter und Henker

Jetzt hat die Stiftung Schloss Neuhardenberg die Veranstaltung mit Seiner Exzellentz, dem iranischen Botschafter in Berlin, und Rüdiger Safranski kurzfristig abgesagt. Nicht etwa weil den Literaturfeinschmecker Rüdiger Safranski ein leichter Ekel bei der Vorstellung angefallen wäre, mit dem Repräsentanten eines Terrorregimes an einem Tisch zu sitzen, sondern weil die Stiftung “sich angesichts der im Vorfeld laut gewordenen vehementen Vorwürfe nicht in der Lage (sah), vor allem das Podiumsgespräch, in dem die Akzeptanz der beiden Nationaldichter Hafiz und Goethe in ihren jeweiligen Ländern diskutiert werden sollte, störungsfrei und mit der gebotenen Sicherheit für die Podiumsgäste und das Publikum durchführen zu können”.

Dabei hätte die Stiftung Seine Exzellenz einfach darum bitten können, ein paar seiner “Revolutionären Garden” einfliegen zu lassen, die ganz bestimmt in der Lage gewesen wären, einen störungsfreien Verlauf der Veranstaltung zu Ehren von Goethe und Hafiz zu garantieren. Im Iran schaffen die das mit links. Safranski selbst hat sich zu der Sache nicht geäußert. Möglicherweise hat er die Absage nicht mitbekommen, weil er daheim hockt und sich auf youtube Videos von öffentlichen Hinrichtungen im Iran reinzieht.

Aber das ist noch lange nicht alles. Es lohnt sich, einen Blick auf die Homepage der Stiftung zu werfen. Wenn es nicht Safranski war, der den Text geschrieben hat, dann kann es nur Roger Willemsen gewesen sein. Neuhardenberg ist “Refugium und Bühne zur Welt”, das Programm falle “nicht mit der Tür ins Haus”, das “gelassen-intensive Gespräch, das Zuhören, das Nachdenken… sollen der fast food-Mentalität im Eventkonsum eine explizite Entschleunigung entgegensetzen”, Ziel und Anliegen sei es, “einen Ort zu schaffen, an dem Gewußtes neu gedacht, schon einmal Gehörtes wieder zur Sprache gebracht, Gesehenes erneut betrachtet, Empfundenes berührbar gemacht werden kann”. Im Klartext: Die Entschleuniger sitzen abends rund ums Kaminfeuer, stieren in die Flammen und schaukeln sich gegenseitig an den Philosopheneiern. Ab und zu schaut jemand aus dem Kuratorium der Stiftung vorbei, schaut nach, ob das Feuer noch brennt und stellt eine neue Flasche Asbach Uralt auf den Tisch.

Denn das Kuratorium ist die Seele, der Geist und das Sandmännchen vom Ganzen. ihm gehören u.a. “der Ministerpräsident des Landes Branden- burg, Matthias Platzeck, der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, sowie der stellv. Außenminister der Islamischen Republik Iran, S.E. Mohammad Bagher Khorramshad” an. Das steht so da, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Ist es auch! Wenn Demokraten wie Platzek und Naumann sich parteiübergreifend in der Gesellschaft des amtierenden stellvertretenden iranischen Außenministers wohl fühlen, dann kann man es Safranski nicht verübeln, dass er mit einem ehemaligen stellvertretenden iranischen Außenminister rummachen wollte. Immerhin, es war nicht der amtierende Präsident. Also das kleinere Übel.

 

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