Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

13.10.2011   19:44   +Feedback

Freunde fürs Leben

Wie wir alle wissen, zeichnen sich deutsche Kulturschaffende durch ein besonderes Verantwortungsbewusstsein aus. Weniger für sich und für ihre Arbeit, da sind sie eher selbstlos, als für die Gesellschaft, in der wir leben. Besonders heftig engagieren sie sich im Wahlkampf, und da meistens für die SPD, denn ein Sieg der CDU wäre, das predigen sie uns seit den Tagen von Konrad Adenauer, eine “Katastrophe für unser Land”.

Nun hat Deutschland eine Reihe solcher Katastrophen heil und heiter überstanden. Auch die Erwartungen an die amtierende Kanzlerin haben sich nicht erfüllt, sie ist allenfalls ein “Kataströphchen”. Dennoch geht den deutschen Kulturschaffenden die Luft nicht aus, denn neben dem Krieg in Afghanistan und im Irak gibt es da noch die Klimakatastrophe, die nicht nur “unser Land”, sondern die ganze Welt bedroht.
Es gibt freilich eine echte Katastrophe, die - von wenigen Ausnahmen abgesehen - den deutschen Kulturschaffenden völlig am Gemüt vorbeigeht. Es sind die Zustände in der Islamischen Republik Iran.

Während Hunderte von Gefangenen in iranischen Haftanstalten auf ihre Hinrichtung warten, reisen sie in den Iran, um dort Konzerte zu geben, wie das Osnabrücker Symphonieorchester, oder um für einen “Dialog zwischen den Weltreligionen” zu werben, wie der ehemalige Vorsitzende der EKD, Bischof Wolfgang Huber. Wer daheim bleiben muss, dialogisiert mit den lokalen Repräsentanten des Regimes. Diesen Samstag treffen sich auf Schloss Hardenberg unweit von Berlin “zwei Nationaldichter” zu einem Gespräch über “Orient und Okzident”. Es sind der deutsche Schriftsteller Rüdiger Safranski, der u.a. ein viel beachtetes Buch über die “Geschichte einer Freundschaft” zwischen Goethe und Schiller geschrieben hat, und der “Publizist” Ali Reza Sheikh Attar, im Nebenberuf Botschafter der Islamischen Repubik Iran in Deutschland. Als Gouverneur im iranischen Kurdistan war er u.a. für die Massaker an den dortigen Kurden verantwortlich.

Das müsste Rüdiger Safranski eigentlich wissen. Aber es scheint ihn nicht zu stören. Die Begegnung auf Schloss Hardenberg könnte der Beginn einer weiteren wunderbaren Freundschaft werden.

© Die Weltwoche, 13.10.11

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