Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

19.02.2012   23:16   +Feedback

Aachen im Blutrausch

Frau Scheidt springt im Dreieck, die Aachener Nachrichten springen Frau Scheidt bei, und die Helden vom Aachener Friedenspreis kommen den Aachener Nachrichten zur Hilfe, die sich gegen eine infame jüdisch-zionistische Attacke zur Wehr setzen. Wie es sich für eine intakte AA-Gruppe gehört, wobei AA in diesem Falle nicht die ehrenwerten Anonymen Alkoholiker meint, sondern die Aachener Antisemiten Camarilla, abgekürzt AAC.

Die Stellungnahme im “Aachener Friedensmagazin” ist ein Dokument pathologischer Unschuld. Sie enthält u.a. ein Zitat, mit dem eindeutig bewiesen wird, dass Scheidt gar nicht eine Antisemitin sein kann, sogar wenn sie es möchte: ““Wer Scheidt kennt, weiß wie idiotisch die Behauptung ist.” Ja, so reagiert jede Mutter auf den Vorwurf, ihr Sohn würde mit Drogen handeln: “Ich kenn doch meinen Klaus-Dieter, der macht so was nicht!”

Ebenso putzig ist die Behauptung, der Aachener Friedenspreis habe sich “in einem eigenen Beitrag entschieden von dieser Karikatur” distanziert. Die Distanzierung von Walter Herrmann und der von ihm ausgestellten “Karikatur” fiel so aufwendig und umfassend aus, dass die Damen und Herren vom Aachener Friedenspreis nicht mehr die Kraft hatten, Herrmann den ihm zuerkannten Preis abzuerkennen. Was sie auch nicht über sich brachten, nachdem sich ein anderer Antisemit, den sie für seine Friedensarbeit geehrt hatten, als ein Hochstapler und Titelbetrüger erwiesen hatte. Sie haben einfach nachträglich den Dr. aus der Urkunde gestrichen. Und diese beiden Galgenvögel sind mitnichten die einzigen Antisemiten unter den Empfängern des Aachener Friedenspreises.

Wozu freilich die “Distanzierung” diente, so sie denn stattgefunden hatte, wird ein paar Zeilen später klar:

Für den langjährigen Friedenspreis-Vorsitzenden Otmar Steinbicker ist der Fall Herrmann besonders heikel. Die Friedensbewegung müsse sich «klar und deutlich abgrenzen, um sich die Kritikfähigkeit an der israelischen Politik zu erhalten», sagt er. Herrmanns Karikaturen seien «geschmacklos», sie helfen nur denjenigen, die «eine ernsthafte Debatte über israelische Kriegsverbrechen in Gaza verhindern und durch eine Debatte über Antisemitismus ersetzen wollen».

Man distanziert sich also von einem blöden und plumpen Antisemiten, nicht weil er ein blöder und plumper Antisemit ist, sondern “um sich die Kritikfähigkeit an der israelischen Politik zu erhalten”, also um den eigenen, etwas feineren Antisemitismus umso unbekümmerter ausleben zu können. Nicht einmal in diesem Zusammenhang mochten die Edel-Antisemiten von der AAC die “Karikaturen” als das bezeichnen, was sie waren: antisemitischer Dreck. Sie beließen es bei dem Adjektiv “geschmacklos”. Aber “Geschmacklosigkeit” ist weder anstößig noch verboten. Jedes zweite Produkt im Kunst- und Kulturbetrieb ist “geschmacklos”, und oft sind es die besten.

Und wie entschieden sich Frau Scheidt von den “geschmacklosen” Karikaturen des Walter Herrmann distanzierte, konnte man am 20.12. in der Aachener Zeitung, dem Schwesterblatt der Aachener Nachrichten, nachlesen. Das Blatt zitierte die grüne Bürgermeisterin, in direkter und indirekter Rede, mit diesen Sätzen:

“Ich habe davor gewarnt, Herrn Broder auszuzeichnen”, sagte sie der AZ am Dienstag. Sie sei daher der Verleihung fern geblieben. “Aber nach dem, was ich über die Äußerungen von Herrn Broder - und auch von Festredner Ralph Giordano - bei der Veranstaltung gelesen habe, kann ich nur sagen: So etwas können wir hier in Aachen wirklich nicht gebrauchen.” Leider habe der bekannte Journalist Broder sich in jüngerer Zeit vor allem durch “üble Hetze” gegenüber Israel-Kritikern hervorgetan - etwa, als er den Initiator der “Kölner Klagemauer” wegen dessen umstrittener satirischer Attacken auf die israelische Regierung mit dem berüchtigten NS-Parteiorgan “Der Stürmer” gleichgesetzt habe. In Aachen habe er zudem gegen das “alternative, friedensbewegte rote Pack” polemisiert, das Israel stets dämonisiere.

Von dieser Darstellung hat sich Frau Scheidt nie distanziert. Sie hatte Herrmann zu einem “Israel-Kritiker” befördert und den von ihm präsentierten Dreck zu einer “satirischen Attacke auf die israelische Regierung” veredelt. Aber wer sie kennt, weiß, wie “idiotisch die Behauptung” ist, sie könnte eine Antisemitin sein.

In einem Punkt muss ich freilich den Lautsprechern der AAC leider zustimmen. Ich habe mich in der Tat dazu “hinreißen” lassen, den Bericht des Aachener Redakteurs (der AZ) “mit zwei Fotos eines Anus” zu verlinken. Und dafür bitte ich alle Arschlöcher dieser Welt, die tagtäglich eine nützliche Arbeit verrichten, aufrichtig um Entschuldigung.

 

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