Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

20.07.2012   11:46   +Feedback

Dichter und Denker im Vollrausch der Gefühle

Die aktuelle Debatte um ein “archaisches und barbarisches Ritual” hat ungeheure kreative Energien freigesetzt. Täglich erreichen uns Briefe von Lesern, die von dem Thema aufs Äußerste stimuliert wurden. Hier zwei Beispiele:

Sehr geehrte Damen und Herren,
da sich die Achse des Guten in Sachen der nun geplanten gesetzlichen (positiven) Regelung der religiösen Verstümmelung etwas bedeckt hält, eine Art vorrauseilender Leserbrief (>...

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Gesegnete Morgengrüße im Namen unseres dreinamigen Gottes - hier ist die Stimme der Abrahamitischen Theokratie Deutschland!

München. Bei der heutigen Abendbeleuchtung vor der Frauenkirche wird der Erzbischof persönlich das Feuerzeug an den Scheiterhaufen der sogenannten Frauenrechtlerin Alice Schwarzer legen. Der Erzbischof, der nach eigenen Worten “dieser alten Hexe schon immer ‘mal gerne Feuer anbieten wollte”, wird im Anschluss an der Isar die Hexenprobe an Claudia Roth zelebrieren.

Köln. In letzter Minute konnte die Sabotoge der heutigen Hinrichtung von Guido Westerwelle und Volker Beck auf der Baustelle der Großmoschee vereitelt werden. Eine Aktivistin der Homosexuellen-Szene - unser barmherziger dreinamiger Gott möge sie alle in der Hölle schmoren lassen - hatte das Seil am Baukran durch ein Gummiseil ersetzt. Die Aktivistin, die bei ihrer Verhaftung völlig von Sinnen war, wird an einem separaten Baukran die Hinrichtung von Westerwelle und Beck mitverfolgen.

Berlin. Auf dem Platz vor der Synagoge wird die berühmte Ehebrecherin Margot Käßmann ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Ein ortsansässiger Kokshändler, der auf eigenen Wunsch hin anonym bleiben möchte, wird ukrainische Handschmeichler sponsoren. Dem berühmten Steinigungs-Störer Jesus von Nazareth wurde vorsorglich ein Platzverbot erteilt.

Kurznachrichten. In Mannheim wird heute erstmals der “Goldene Freiwillige Maulkorb” an Hamed Abdel-Samad und Henryk M. Broder für ihre freiwillige Selbstbeschneidung ihrer üblichen gotteslästerlichen Kritik verliehen.

Mein Name ist Kampfkuschler Walther - ich habe nichts gesehen, ich berichte nur meine Meinung.

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Mit freundlichen Grüßen

Wilhelm Entenmann

Schwarzstörche haben keine Vorhaut
Menschliche Kinder männlichen Geschlechts sind wirklich arme Schweine. Sie haben einfach Pech, Pech, dass sie keine Schwarzstörche sind. Schwarzstörche können zwar keine Berge versetzen, aber den Bau von Windrädern oder Landeplätzen für Rettungshubschrauber verhindern. Einfach so! Einfach, weil es sie gibt. Sie müssen selbst gar nichts tun. Angenommen, es ginge bei der Beschneidung um Schwarzstörche, dann hätten sich die Grünen mit größtem Engagement für deren körperliche Unversehrtheit eingesetzt. Man hätte heute im Bundestag flammende Reden gegen die Beschneidung von Schwarzstörchen hören können. Wirklich blöd, kleine Buben gehören der “falschen” Gattung an. Deshalb meinen fast alle Parteien im Bundestag, dass es ein Gesetz geben muss, das definiert, dass Körperverletzung keine Körperverletzung ist, dass Genitalverstümmelung nur bei Mädchen eine Genitalverstümmelung ist, nicht aber bei Buben. Geht man eigentlich in die Politik, weil man “so” ist oder wird man “so”, weil man in der Politik ist?  Wäre der liebe Gott der Meinung, Vorhäute seien überflüssig, dann hätten wir keine. Eigentlich ganz einfach. Eigentlich logisch. Eigentlich dürfte es keine Diskussion darüber geben: Die Gesetze eines demokratischen Rechtsstaates, der sagt, die Würde des Menschen ist unantastbar, geben keinen Spielraum für Körperverletzung bei Kindern aus religiösen Motiven. Wie wäre es mit einer Initiative zur Änderung des Grundgesetzes? “Die Würde des Schwarzstorches ist unantastbar.”
Robert Bullinger

Und hier noch ein Leserbrief aus der Dürener Zeitung vom 9. Juli:
… Das künftige Dulden der religiösen Beschneidungspraxis muss jetzt an Bedingungen und Verpflichtungen verknüpft werden. Beschnittene Jungen sollen als Erwachsene Schadensersatz einfordern können. Die Anhänger beschneidungsüberzeugter Religionen sollen verpflichtet werden, in einem Stiftungsfond einzuzahlen, aus dem heraus Heilbehandlungen und Entschädigungszahlen an die Opfer geleistet werden , wenn diese einen Antrag darauf stellen.

Solche Antragssteller müssen ihrerseits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem Staat abgeben. Darin verpflichten sie sich zu einer Religionsausübung ohne Beschneidung (auch auf die Beschneidung an ihren eigenen Kindern zu verzichten). Der Verstoß hingegen muss strafbewehrt sein und eine Beschneidung dann als vorsätzliche Körperverletzung geahndet werden …

 

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