Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

11.05.2012   00:14   +Feedback

Geiles Projekt

Was wollen die Piraten? Vor allem: nicht arbeiten

Kaum stand fest, dass die Piraten mit etwas mehr als acht Prozent in den Landtag von Schleswig-Holstein einziehen würden, sass der neugewählte «poli tische Geschäftsführer», Johannes Ponader, bei Günther Jauch in der Runde und demonstrierte, wie sich ein moderner Pirat die politische Arbeit vorstellt. Er hielt ein Handy in der Hand und twitterte ununterbrochen, um seine Follower auf dem Laufenden zu halten. Zwischendurch sagte er Sätze wie: «Wir Piraten haben ein Interesse an einer transparenten und gesunden und guten Demokratie.» Bei dieser Gelegenheit machte er auch klar, woran ein Pirat kein Interesse hat: an guten Umgangsformen. Ponaders nackte Füsse steckten in Sandalen, während er sich um den Hals einen Schal gewickelt hatte, als würde er frieren.

Gefragt, was er beruflich mache, antwortete Ponader, er sei «Gesellschaftskünstler» und arbeite als Schauspieler, Regisseur und Theatertherapeut. Erst auf mehrfaches Nachhaken von Jauch gab Ponader zu, dass er von «Sozialleistungen», also von Arbeitslosengeld, lebe.

Wer wissen möchte, was ein Gesellschaftskünstler macht, der braucht nur die Homepage von Ponader anzuklicken. Sein künstle risches und gesellschaftspolitisches Schaffen dreht sich um das Thema «bedingungsloses Grundeinkommen». Ponader hat ein Theaterstück geschrieben («Gold oder die Würde des Menschen»), das beim Grundeinkommensfest Berlin in Ausschnitten uraufgeführt wurde; er moderiert bei einem alternativen Münchner Radio Sendungen über das bedingungslose Grundeinkommen; er war massgeblich an der Organisation und Durchführung des Symposiums «Grundeinkommen und anderes Geld», beteiligt, das von der Grundeinkommens initiative München ausgerichtet wurde.

In seiner Bewerbungsrede für das Amt des politischen Geschäftsführers sagte er: «Wir arbeiten zurzeit an einem gigantisch geilen politischen Projekt. Wir sind dabei die Speerspitze eines Paradigmenwechsels, die Avantgarde einer gesellschaftlichen Veränderung. [.?.?.] Wir arbeiten daran, Antworten zu formulieren, zu denen viele andere noch nicht einmal die Fragen verstehen.» Zumindest die Frage, wie man barfuss und auf anderer Leute Kosten durchs Leben kommt

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