Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

10.04.2012   18:27   +Feedback

Spass mit Grass - 2

Immer mehr achgut-Leser schicken uns ihre Grass-Gedichte. Hier noch einmal ein kleines Best of:

apostel spielen
grass wo ist dein schwarzes jäckchen
armer juden leichentuch
heute trägst du lieber fräckchen
doch an dir ist ein geruch.

der geruch von deines gleichen
unter falschem sonnenzeichen
klebt wie blut an einem messer
ihr verderbten kinderfresser

wie verblendet muß du sein
denkst die welt kann leicht verzeihn
was an schuld ihr aufgehäuft
und im tränenmeer ersäuft

und jetzt den apostel spielen
tief in vorurteilen wühlen
sorgen um den frieden heucheln
und dabei viel lieber meucheln.
Rainer Eissrich

Das Recht auf den Tiefschlag
Warum schweigen wir, verschweigen
zu lange,
was offensichtlich ist und in Planspielen
geübt wurde, an deren Ende als Lesende
wir allenfalls Fußnoten sind.

Es ist das Recht auf den Tiefschlag,
der das von einem Maulhelden verfasste
Gedicht zum organisierten Aufschrei lenken will,
um das israelische Volk aufzumischen,
in dessen Machtbereich er nun nicht mehr einreisen darf. 

Doch warum untersagen wir uns,
jenen Alten beim Namen zu nennen,
der doch seit Jahren - wenn auch geheim gehalten -
über ein schwindendes poetisches Potenzial verfügt,
aber außer Kontrolle, weil er keiner Prüfung zugänglich ist?

Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
dem sich unser Schweigen untergeordnet hat,
empfinden wir als Belästigung,
weil wir wieder so viel schreiben müssen
über alte Themen und Rituale, nur weil Opa dichtet,
das Verdikt “Altersstarrsinn” ist geläufig.

Jetzt aber, weil aus unserem Land,
das von sehr vielen Gedichten,
die mit und ohne Reim sind,
Mal um Mal eingeholt und zur Fehde gestellt wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
mit flinker Lippe als Gedicht deklariert,
ein weiterer Textauswurf nach Israel
geliefert wurde, dessen Spezialität
darin besteht, verquaste Sätze
mit komischen Umbrüchen
dorthin lenken zu können, wo die Existenz des Satzendes nach so viel Kommata völlig unklar ist,
haben wir auch gerade vergessen, was gesagt werden muss.

Warum sagen wir jetzt erst,
erholt und mit frischer Tinte:
Der Günter Grass, er nervt, und mit ihm aller Populismus, der folgt?
Nun, es war Ostern, und wir haben Eier gesucht, es war schön und etwas kalt,
auch weil wir - als FTD belastet genug mit anderen Themen wie Euro-Krise - wieder schweigen wollen,
weil wir der Heuchelei dieser Debatte überdrüssig sind; zudem ist zu hoffen,
dass der Verursacher und sein Gedicht
bald wieder vergessen sind.
Nur so ist allen zu helfen.
Dieter Krause

ach Günter ach
Inmitten freudiger Gesichter
spricht’s aus dem Denker, aus dem Dichter:
Wir sind halt doch die ewig Guten,
zu lange mussten wir schon bluten
für Geld und Kränze und dergleichen,
für Zions Aktion Sühnezeichen.
Dabei sind SIE die wahren Schlächter,
die Henker, Mörder, Weltverächter,
die drohen grausam zuzuschlagen,
nur weil ein Mullah-nein, will sagen,
ein Maulheld, harmlos, ach devot,
mit gänzlicher Vernichtung droht!
Und tosend braust von allen Seiten
(von rechts und links, von Christen, Heiden)
der Beifall wie ein Sturmgewehr:
Ja! Günter! Du! Der Edle, Weise!
(Und was macht der Nobelpreisherr?
er suhlt sich wohlig in der Sch…)
Katharina Lustgarten

Hier bin ich Mensch / Hier darf ich’s sein
Zu Ostern dieses Jahres
sah ich einen Protestzug
zum Römerberg ziehn,
der viele bunte Schilder trug.

„Halt durch“, „Lass dich nicht unterkriegen“,
konnt ich darauf lesen.
Gegen Israel, gegen Gleichschaltung,
waren die Menschen auch gewesen.

Worum es ging, frug ich einen Alten
mit großem grauen Barte im Gesicht.
„Sag bloß, du hast’s noch nicht gehört,
wir sind hier wegen Grass’ Gedicht.

?Was gesagt werden muss? –
‘s ist voll Wahrheit und voll Poesie,
Wie er den Juden kritisiert –
fabelhaft! Nur getraut hätt ich’s mich nie.

Sonst nennen sie mich noch einen Antisemiten,
und ein Nazi bin ich doch nun wirklich nicht.
Aber Kritik muss man doch noch üben dürfen,
vor allem, wenn’s an Israel ist.

Hier nun lass ich den Gefühlen freien Lauf,
bin in der Gruppe auch nicht mehr allein. –
Wie wahr doch das Wort Goethes:
?Hier bin ich Mensch / Hier darf ich’s sein?.

Israels Raketen sind eine Gefahr,
Grass hat’s ja schön beschrieben. –
Glaube mir: Wir Deutsche sollten uns in Acht nehmen,
Hat uns der Jud’ doch schonmal in den Krieg getrieben.

Ein zweites Mal, auch noch gegen Iran,
machen wir nicht mit, darum die Proteste.
Glaube mir: Ein Fleck genügt,
auf der sonst so saub’ren Weste.

Und wie wahr des Dichters Worte sind,
erkennst du an der Reaktion:
Kritik; Beschimpfungen; Einreiseverbot;
Gegen sie richtet sich unsere Protestaktion.“

Mit offenem Munde sah ich dem Alten nach,
konnt nicht glauben, was er da zu mir gesagt.
Im Gleichschritt ostermarschierte er davon –
Oskar Matzerath trommelte den Takt.
Kurt Terrier

Starker Abgang
Ich kann mir richtig vorstellen,
wie Sie Spaß hatten.
Ihnen mussten doch
einige abgegangen sein,
als Sie diese wunderbaren Gedichte
der Fäkal-Fetischisten
und sonstigen Bescheuerten
in Ihrer Achse der Gestörten
veröffentlichten.
Peter Kühn


 

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