Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

16.02.2013   23:53   +Feedback

Eine Frage auf Leben und Tod

Eher geht ein Musiker an einer Kneipe vorbei, als dass die Redaktion der “kulturzeit” (kz) auf 3sat auf die Gelegenheit verzichtet, einen “israelkritischen” Beitrag zu produzieren. Denn “Israelkritik” ist für einen deutschen Intellektuellen etwa das, was für einen Diabetiker die tägliche Insulindosis. Irgendein Nebbich als Alibijude findet sich immer immer, sei es Shlomo Sand oder Avraham Burg. Es kann auch eine “Philosophin” sein, die ihre eigene androgyne Körperlosigkeit zum Gegenstand ihrer wissenschaftlichen Arbeit gemacht hat. Notfalls tut es auch eine allein erziehende Mutter, die versehentlich den Falschen geheiratet und mit ihm ein Kind bekommen hat. And then the shit hit the fan.

Was überall sonst in der Welt ein Sorgerechtsstreit wäre, wird zu einer hochpolitischen Angelegenheit, einer “Frage auf Leben und Tod” hochgejubelt, denn das Land, in dem die Geschichte spielt, ist - wir ahnen es - Israel. Und die Bösewichte in diesem Stück sind die Angehörigen der “ultraorthodoxen Chabad-Lubawitscher”-Gemeinde, die ihre Frauen zu “erniedrigenden Reinigungsritualen” zwingen. Was immer damit gemeint ist, die Benutzung einer Zahnbürste oder eines Bidets - , es reicht allemal, um eine Kindesentführung und eine abenteuerliche Flucht zu begründen und darüber ein Buch zu schreiben, das von der kz-Redakion in einem 5-minütigen Werbespot vorgestellt wird. Ja, von “product placement” verstehen die beim ZDF eine ganze Mange. Eine kritische Nachfrage könnte den investigativen Schwung behindern.

Immerhin hat man einen kz-Praktikanten in den Partykeller geschickt, damit er ein paar Aufnahmen von “ultraorthodoxen” Juden besorgt, So oder so ähnlich könnten ja die “Chabad-Lubawitscher” aussehen. Wenn das australische Fernsehen einen Bericht über Deutschland macht, zeigt es auch Trachtenbayern auf dem Oktoberfest oder besoffene Ostfriesen zu Besuch bei Carmen Nebel. Das Bildmaterial ist so überzeugend, dass man auf eine Erklärung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verzichten kann, Das hat nämlich mitnichten die Entführung gebilligt, es hat sich nur vom “kaukasischen Kreidekreis” inspirieren lassen, um dem Kind ein Gezerre zwischen Mutter und Vater zu ersparen.

Aber, wie gesagt, für einen kz-Beitrag aus der Reihe “Von den Jüden und ihren Lügen” reicht es allemal.

Unser Kollege Natan Jessen schaut sich das Buch von Isabelle Neulinger grade an. Wie es ihm gefallen hat, können Sie am Donnerstag an dieser Stelle lesen.

 

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